Wohnraum-Forderung deutlich und mehrstimmig platziert
An der Dialogveranstaltung zum Josef-Areal bekam die Stadt Zürich Kritik an ihren Plänen zu hören, vor allem zum Thema Wohnraum, aber auch zum Spielraum der Partizipation.
Gleich vier Stadträtinnen und Stadträte – André Odermatt, Simone Brander, Andreas Hauri und Raphael Golta – kamen zur vierten und letzten Dialogveranstaltung zum Josefs-Areal. Das ist nachvollziehbar, denn die «Dialogveranstaltungen» sind das Gefäss des Stadtrats, um mit der Quartierbevölkerung zu diskutieren.
Zu echten Diskussionen kam es allerdings erst nach zwei Stunden Frontalprogramm. Zuerst informierten städtische Vertreterinnen über die Machbarkeitsstudie und die kommenden Planungsschritte. Die Stadt will ihr Areal nutzen, um städtische Nutzungen unterzubringen – einen Werkhof, ein Alterszentrum, Alterswohnungen, ein Hallenbad und einen kleinen Park. Im Dialogverfahren nahm die Stadt Anliegen aus dem Quartier auf und fügte in Zusammenarbeit mit einer Quartiersdelegation alles zu einem Entwicklungskonzept zusammen.
Die Überprüfung dieses Konzepts zeigt nun, dass der Werkhof das ganze Erdgeschoss eines der beiden Baufelder füllen wird. Das bedeutet teilweise geschlossene Wände und gesperrte Flächen. Und es ist ziemlich das Gegenteil dessen, was die Quartierbewohner*innen wünschen. Marco Müller, Architekt und Vorstand des Quartiervereins, machte klar: «Wir werden keinen Meter tote Wand akzeptieren.» Der Quartierverein habe von Beginn an zu hundert Prozent öffentlich zugängliche Erdgeschosse gefordert und werde es weiter tun. Müller ortet das Problem beim städtischen Nutzungsprogramm: «Es hat das Areal von Anfang an praktisch gefüllt. Es gibt kaum Spielraum für Änderungen, die wir einbringen wollen, es ist voll.»
Trotz der Fülle fehlt eine Nutzung, die der Kreis 5 ebenfalls gut brauchen könnte: Wohnraum für alle. Die IG Zentrum Hardbrücke schaltete sich darum Anfang Oktober mit ihrem Ergänzungsvorschlag «Josef will wohnen» in die Arealentwicklung ein. Gemäss der Skizzen hätten je nach baulicher Dichte zusätzlich zu den städtischen Nutzungen auch Hunderte Wohnungen Platz.
Der Präsident des Quartiervereins, Alex Götz, befürwortete das Alterswohnen, wollte es jedoch mit normalem Wohnen mischen. Auch die anwesende Quartierbevölkerung unterstützte den Wohnraum-Vorschlag. Als man im zweiten Teil des Abends in Stuhlkreisen zusammensass, wurde die Forderung danach klar, deutlich und mehrstimmig geäussert. Ebenso in den Fragen und Bemerkungen, die digital gepostet wurden und welche die Stadt zu beantworten versprach. Einen Werkhof an diesem Standort stellten dagegen viele in Frage.
Nicht gerade offen reagierten die Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung auf die Wohnraum-Forderung. Gut möglich, dass sie sich weniger über den Inhalt ärgern als über den späten Zeitpunkt. Schliesslich läuft die Arealentwicklung seit bald vier Jahren, und die Verwaltung bereitet schon die Architekturwettbewerbe vor, die sie 2024 ausschreiben will. Ab nächstem Jahr möchte Grün Stadt Zürich zusammen mit der Bevölkerung auch erste Nutzungen für den Quartierpark ausprobieren – ein konstruktives und verlockendes Angebot für das Quartier.
Andererseits offenbarten die Zeitdiagramme des Amts für Hochbauten, dass auf dem Josef-Areal so schnell dann doch noch nichts gebaut ist. Wettbewerbe und Projektierung werden die kommenden Jahre in Anspruch nehmen, sodass die Volksabstimmungen über die Bauprojekte erst 2028 und 2029 folgen. Politik und Verwaltung müssen sich gut überlegen, ob sie auf diese fernen Termine wirklich mit Plänen zusteuern wollen, die jetzt schon stark kritisiert werden.