Der Architektur der sozialen Teilhabe verdanken wir einige der aufregendsten Wohnprojekte der letzten Jahre. Aber werden sie auch dem Bedürfnis nach Eigenheit gerecht? Eine kritische Betrachtung.
Der Hang und Zwang zum
Kollektiven
Der Architektur der sozialen Teilhabe verdanken wir einige der aufregendsten Wohnprojekte der letzten Jahre. Aber werden sie auch dem Bedürfnis nach Eigenheit gerecht? Eine kritische Betrachtung.
Die bemerkenswerteste architektonische Erscheinung der vergangenen Jahre ist zweifellos der Laubengang. Sein Comeback ist überraschend, denn lange Zeit hatte er keinen guten Ruf. Dem kultivierten Architekten galt er als Ausdruck einer Immobilienindustrie, die schnell und billig bauen und gut verdienen wollte. Studierenden, die es wagten, einen Laubengang zu zeichnen, wurden umgehend die Leviten des guten Wohnens gelesen. Noch bis vor wenigen Jahren war man der einhelligen Meinung, dass hinter der Laubengang-Erschliessung nichts anderes stecken konnte als die intellektuelle Faulheit von Architekten und das Renditedenken von Investoren: Treppenhäuser und Eingangshallen liessen sich wegsparen, Wohnungen schuhschachtelgleich einer Linie entlang aufreihen – praktisch, aber lebensfeindlich. Die Leidtragenden waren in dieser Optik die Menschen, die an anonymen Türen und zugezogenen Vorhängen vorbei nach Hause schleichen mussten und deren Wohnungen ungefähr so düster und deprimierend waren wie die spärlich beleuchteten Lauben hinter grauen Betonbrüstungen – die in den spätmodernen Trabantenstädten angesiedelten ‹Tatort›-Folgen bieten noch immer filmischen Anschauungsunterricht.
Lässt man indes die Resultate jüngerer Wohnbauwettbewerbe und die dazugehörigen Visualisierungen Revue passieren – ein zuverlässiges Trendbarometer –, stellt man fest: Bild und Bedeutung des Laubengangs haben sich binnen kurzer Zeit ins Gegenteil verkehrt. Aus einem Symbol für sozial problematische Wohnanlagen, in denen die Abgehängten der Boomjahre mehr oder weniger freiwillig zu Hause waren, wurde ein leuchtendes Sinnbild für nachbarschaftliches Zusammenleben, zwischenmenschlichen Austausch und Teilhabe. Glücklich und erfüllt, so flüstern uns die Bilder zu, lebt heute, wer am Laubengang wohnt.
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Gemeinschaft statt Rückzug
Man findet diesen neuen Typ des Laubengangs vorneh...
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