Aufgeschüttete Erdhügel geben auch neu gepflanzten Bäumen genügend Platz, um über der Tiefgarage Wurzeln zu schlagen. Fotos: Thomas Haug
In Zusammenarbeit mit Planikum

Klimamassnahmen Sunnige Hof

In der Reihe Schweizer Landschaftsarchitektur der Gegenwart ist der fünfte Band erschienen: Das Zürcher Büro Planikum präsentiert darin auch die nachträglichen Klimamassnahmen für eine Zürcher Wohnsiedlung.

Zwischen den siebengeschossigen Bauten der 2013 erstellten Siedlung Mattenhof 1 und 2 in Zürich-Schwamendingen liegt eine asphaltierte Hauptachse, die Erschliessung und Quartierplatz zugleich ist. Die steigende Zahl an Hitzetagen machte den Aussenraum jedoch zunehmend ungemütlich, und die Siedlungsgenossenschaft Sunnige Hof beauftragte das Landschaftsarchitekturbüro Planikum mit der Entwicklung von Massnahmen zur Hitzeminderung.


Ein kleiner USB-Messstick, ein Hut, ein Eimer Wasser: Mit einfachen Hilfsmitteln betrieben die Landschaftsarchitekten zuerst ihre eigene Forschung und zeichneten die Temperaturen eine Woche lang auf. Darauf aufbauend erarbeiteten sie einen Katalog an Interventionen. Die Bewohnerinnen konnten aktiv mitbestimmen und weitere Ideen einbringen.

Die ursprüngliche Idee, die Wiesen zwischen den Gebäuden abzumagern, wurde verworfen, weil die Abtragung des Oberbodens aufwendig und ressourcenintensiv gewesen wäre.

Beim ersten Eingriff standen Massnahmen im Fokus, die schnelle Linderung versprachen. Die Analyse hatte ergeben, dass es genau dort keinen Schatten gab, wo sich die Bewohner bevorzugt aufhielten. Weil die Hauptachse auch Rettungsgasse und Tiefgaragendach ist, less sie nur wenig Bepflanzung zu. Mit der Strategie ‹Ausweichen› erschlossen die Planerinnen bestehende, aber bisher ungenutzte Schattenplätze mit fix installierten und mobilen Möbeln. Weitere Treffpunkte überdachten sie mit Sonnensegeln oder begrünten Pergolen, die zugleich für mehr Privatsphäre sorgen. Auch eine Boule-Bahn kam hinzu.


Im zweiten Schritt ging es um die aktive Kühlung des Areals. Vor sechs Hauseingängen und in drei Innenhöfen sah Planikum die Möglichkeit, grossflächig zu entsiegeln: Aufgeschüttete Erdhügel geben den neu gepflanzten Bäumen genügend Platz, um über der Tiefgarage Wurzeln zu schlagen. Ein chaussierter Trampelpfad schlängelt sich pittoresk dazwischen durch. Die Landschaftsplaner begrünten ausserdem die Dächer der Garageneinfahrt und der Velounterstände, die das Regenwasser nun über längere Zeit speichern und langsam verdunsten lassen.

Vor sechs Hauseingängen und in drei Innenhöfen sah Planikum die Möglichkeit, grossflächig zu entsiegeln und Bäume zu pflanzen.

Was die Klimamassnahmen in der Siedlung Mattenhof auszeichnet, ist die Verhältnismässigkeit der Eingriffe. Die ursprüngliche Idee, die Wiesen zwischen den Gebäuden abzumagern, wurde verworfen, weil die Abtragung des Oberbodens aufwendig und ressourcenintensiv gewesen wäre. Die gewählte Alternative ist denkbar simpel: die Wiesen anders pflegen, seltener mähen und den mächtigen Bodenaufbau als Wasserspeicher
nutzen.

Eine Herausforderung war die nachträgliche Begrünung der Fassade, da diese nicht für die Bepflanzung ausgelegt war.

Auf eine Herausforderung traf Planikum bei der Begrünung der Fassade, da diese nicht für die Bepflanzung ausgelegt war. Das hat das Büro in seinem ganzheitlichen Ansatz bestätigt: Von der städtebaulichen Setzung unter Berücksichtigung der Kaltluftströme über die Lage und die Höhe der Tiefgaragendecke, die die Baumsetzung definiert, bis hin zur Fassade, die idealerweise begrünt werden kann, haben alle Gestaltungselemente einen Einfluss auf das Stadtklima und sollten möglichst früh mitgedacht werden.

Dieser Text stammt aus «Planikum», der 5. Monographie Schweizer Landschaftsarchitektur der Gegenwart.

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