Gemeine Rotsocken, hier lang! Der 32. Rapperswilertag
DIE Landschaft gibt es nicht, so lernten die Besucherinnen des Rapperswilertags, DER Fachtagung der Landschaftsarchitekten in der Schweiz. Und, bitteschön, arbeitet zusammen!
Draussen Sonnenschein und eine idyllische Landschaftsszenerie – innen in einer abgedunkelten Aula knapp 200 Personen, die sich Gedanken dazu mache, was der Begriff Landschaft heute eigentlich bedeutet. Das war der 32. Rapperswilertag, der am 9. März 2012 an der Abteilung für Landschaftsarchitektur der Fachhochschule Rapperswil stattfand. Mit dem Imperativ «Hier lang!» behaupteten die Tagungsveranstalter zu wissen, welche Wege einzuschlagen sind und stellten mit dem zweiten Teil des Titels ihrer Veranstaltung gleich einen «Wegweiser zur Landschaft» in Aussicht. Dass alles doch nicht so einfach ist, wurde schon nach dem ersten Vortrag der Landschaftshistorikerin Annemarie Bucher klar. Landschaft heute ist ein sich ständig veränderndes und prozesshaftes System. Matthias Stremlow vom BAFU sprach sogar von einer Landschaft voller Landschaften. Die Meinung der Bevölkerung und die von Landschaftsexperten müssten miteinander vernetzt werden, forderte der promovierte Germanist und blickte überzeugend übergreifend.
Genauso vielschichtig waren dann auch die präsentierten Projekte der eingeladenen Berufsleute. Die einen lagen in idyllischer Natur und konnten von dieser Kulisse nur profitieren, andere befanden sich mitten in der dichten Stadt und wieder andere genau in dem amorphen Dazwischen. Zum Konsens kamen alle in der Forderung, dass die Berufsleute heute von tradierten, statischen Landschaftsbildern Abschied nehmen und neue zulassen müssen. Noch wichtiger war die abschliessende Forderung von Martina Voser: Interdisziplinarität ist heute gefragt, Landschaftsarchitekten müssten ihr Wissen auf allen Ebenen einbringen!
Nach diesem weiteren Imperativ, einer Fülle von Projekten und nicht immer ganz nachzuvollziehenden Gedankengängen vermochte der für seine Wander-Kolumnen im Tages-Anzeiger bekannte Reporter Thomas Widmer erneut die Welt zu ordnen. In seinem abschliessenden Beitrag teilte er die Spezis der Wanderer – eine im Tiefsten schweizerische Art der Landschaftswahrnehmung – in unterschiedliche Stämme. Ausgehend von der, leider aussterbenden, Art Sockus ruber comunis (Gemeine Rotsocke) konnte er infolge jahrelanger Feldforschung eine Fülle neuer Subarten ausmachen, die die Schweizer Landschaft bevölkern – und unterschiedlich wahrnehmen und konsumieren.