Zu hoher Aufwand am Aeschenplatz 6 in Basel? Siegreiches Projekt von Staufer & Hasler und Graser Troxler Fotos: Dietziker Partner

Das Müssen einer Wettbewerbsjury

Fachleute haben als Jurymitglieder eine hohe Verantwortung. Doch viele nehmen sie in den Vergabeverfahren zu wenig war. Gefragt wäre mehr Mut. Und eine neues Empfehlungsblatt erinnert an die Verhaltensregeln.

In der Ostschweiz rumorte es. Man wollte einzelne Fachleute aus dem SIA und BSA ausschliessen, weil sie immer wieder als Jurymitglieder Verfahren verantworteten, die der BWA (Beobachter für Wettbewerbe und Ausschreibungen) negativ mit einem «Lätsch» bewertete. Nach heftigen Diskussionen haben die beiden nationalen Fachverbände stattdessen eine Arbeitsgruppe eingesetzt und ein ­A4-Blatt mit «Empfehlungen für Jurymitglieder in Vergabeverfahren» publiziert. Sie raten allen Mitgliedern, die sich in Jurys engagieren, sie mögen doch diese Verhaltensregeln «konsultieren und beherzigen».

Die Empfehlungen gliedern sich in Vorbereitung, Programm, Jurierung und Abschluss. Dabei bleiben die vier Themen allgemein formuliert, mehr hatte auf dem Blatt nicht Platz. Erhellender war die Diskussion, die Anfang Jahr im Rahmen des neuen Veranstaltungsformats «rundumsia» stattfand. Es ging um die Rolle der Jury, schnell war das Podium im Kern des Themas: Soll ein Jurymitglied versuchen, ein schlechtes Verfahren zu verbessern, um vielleicht am Ende mitverantwortlich zu sein für einen nicht perfekten Wettbewerb? Oder soll es in solchen Fällen die Jury verlassen? Oder anders formuliert: lieber ein schlechtes Verfahren als gar keines? Architekt Adrian Berger wies in der Diskussion darauf hin, wie Fachleute oft ihren Einfluss unterschätzen würden, und zeigte mit einem Beispiel auf, dass eine mutige Fachjury Verfahren stark verändern könne.

Dass zu viele Jurymitglieder ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, hört Hochparterre Wettbewerbe immer wieder von klagenden Teilnehmenden. Auch am Wettbewerbslabor nahm Architekt Reto Gmür in einem Inputreferat das Thema auf. Schon länger sieht er Defizite. Die Jury müsse die Verfahrenswahl kontrollieren, nur Elemente in der Abgabe verlangen, die für die Beurteilung wirklich notwendig seien, eine angemessene Preissumme festlegen, für den vollen Folgeauftrag und generell für transparente und faire Verfahren einstehen. Auch forderte er die Berufsverbände auf, ihre Mitglieder in die Pflicht zu nehmen. Die Basler Studienaufträge für den Aeschenplatz 6 und das Nauentor oder der  Projektwettbewerb für das «Portal UZH» der Uni Zürich zeigen wie der Abgabeaufwand enorm hoch geworden ist. Der Aufwand von einzelnen Team soll bis zu 500 000 Franken betragen haben. Was ist phasengerecht in einem Projektwettbewerb oder Studienauftrag? Welche Themen kann ein Architekturbüro in der späteren Planung lösen? Auch da ist eine Fachjury in der Verantwortung. Zur Vorbereitung auf den nächsten Wettbewerb empfiehlt sich, wieder einmal die 19-seitige Wegleitung «Aufgaben und Verantwortung der Jurymitglieder» des SIA zu lesen.

close

Kommentare

Kommentar schreiben