Drei von 202 Sonnenstoren am neuen Kinderspital in Zürich Fotos: Filipa Peixeiro
Im Auftrag von Kästli & Co.

Keine Schattenseite

Um Sonnenschutz ging es am Brownbag-Lunch in der Schweizer Baumuster-Centrale. Beim neuen Kinderspital in Zürich beeindrucken nicht nur die Dimensionen, sondern auch die Ausstellmarkisen in den Höfen.

Für einmal sind an einem Brownbag-Lunch nicht nur die Reihen der Zuschauenden restlos gefüllt, sondern auch die Bühne. Denn hier geht es um Zusammenarbeit, um ein Produkt, das mehrere Firmen und Personen gemeinsam entwickelt haben. Am Sonnenschutz des Kinderspitals Zürich sind neben Kästli Storen auch Herzog & de Meuron als Architekten beteiligt, die Holzbauingenieure von Pirmin Jung sowie die ausführende Firma Künzli Holz. Kästli hat dabei den Lead.

Bei der Fassade des Kinderspitals spielt Holz die konstruktive und ästhetische Hauptrolle.

Marc Kästli führt ein, informiert über die Aufgaben eines aussenliegenden Sonnenschutzes und die unterschiedlichen Vorgaben bei der Planung eines solchen. Die Zusammenarbeit zwischen Kästli Storen und Herzog & de Meuron ist alt. Beim Laborgebäude von Roche, gebaut vor 24 Jahren in Basel, spannt sich das Tuch wie ein Lampenschirm vor den gläsernen Baukörper. Storen schützen nicht nur (primär) vor sommerlicher Überhitzung oder (sekundär) vor Blendung und neugierigen Blicken, sie sind auch Teil der Architektur und brauchen schon allein deswegen die nötige Sorgfalt.

Raúl Mera, Architekt bei Herzog & de Meuron, stellt das Projekt des grössten Kinderspitals der Schweiz vor. Fast 10'000 stationäre Patientinnen und mehr als 40'000 Notfall-Patienten sollen hier ab Herbst 2024 jährlich betreut werden. 16 Innenhöfe bringen Licht und Orientierung in das oberirdisch nur dreigeschossige, dafür aber in der Ausdehnung riesige Gebäude. Bei der Fassade spielt Holz die konstruktive und ästhetische Hauptrolle – in 20 verschiedenen Fassadentypen. Sie dient dabei oft als Brise Soleil, beim grossen Rundhof zum Beispiel mit 11 Meter lange Stangen aus Douglasie. Die Ausstellstoren von Kästli finden sich an den französischen Fenstern der 12 rechteckigen Innenhöfe. Für die Entwicklung sei es wichtig gewesen, den Herstellungsprozess zu verstehen, so der Architekt: «Thinking like a craftsman.»

Der Storenunternehmer Marc Kästli und Raúl Mera, Architekt bei Herzog & de Meuron betonen die gute Zusammenarbeit. (Fotos vom Anlass: SBCZ)

Thomas Siegrist von Künzli Holz versteht sich trotz moderner Produktionsverfahren noch immer als Handwerker.

Thomas Siegrist war bei Künzli Holz für die Ausführung des Kinderspitals verantwortlich. Er verstehe sich trotz moderner Produktionsverfahren noch immer als Handwerker. Bei Projekten wie dem Kinderspital heisse es für ihn allerdings eher: «Thinking like an architect», um der Vorstellung von Herzog & de Meuron möglichst nahe zu kommen. Der Holzbauingenieur Andreas Zweifel (Pirmin Jung) erzählt von konstruktivem Holzschutz und der Patina, die das Material trotzdem durch Sonne und Bewitterung bekommt. Bei der Grösse des Projektes, stellen sich aber auch Fragen, wie: Ist genug vom richtigen Holz für die Fassade erhältlich?

Holzbauingenieur Andreas Zweifel (Pirmin Jung) zeigt die Mock-ups.

Die Besucher des Brownbag-Lunches begutachten das Muster des Kispi-Sonnenstoren.

Die Entwicklung der Storen schildert Marc Kästli als komplexen Prozess. Neben den Holzbauern spielte der Metallbauer eine wichtige Rolle. Historische Ausstellmarkisen dienten als Vorbild. Ein festgestellter Auslader aus schwarzem Stahlrohr ist Metallrahmen und Markisenführung in einem. Zusammen mit Brüstungen aus rosa gefärbtem Milchglas prägen diese Rohrgestelle die markante Erscheinung der Fenster. V-förmige Streben stabilisieren sie. Dreieckige Holzblenden an den Seiten schützen die Räume dahinter vor Einblicken, denn die Höfe sind schmal. Vor 202 Fenster werden solche Elemente montiert, in 10 verschiedenen Typen. Die beiden schmalsten Typen können auf die Streben verzichten. Allein über die Befestigung der Ausstellrohre in der Fensterleibung reden die vier Vortragenden gefühlte zehn Minuten. Würde doch jedes Spital so sorgfältig geplant, könnten wir getrost krank werden.

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