Hochhaus am Zürcher Bahnhofquai
Die im letzten Sommer ausgebrannten Gebäude am Zürcher Bahnhofquai sollen einem Neubau weichen. Die Eigentümerin plant ein Hochhaus nach Plänen von Stücheli Architekten.
Offenbar hat die PSP Swiss Property, Eigentümerin der drei Häuser, die im letzten Sommer am Zürcher Bahnhofquai weitgehend ausgebrannt sind, ihre Pläne geändert. Nun soll die Brandruine doch einem Neubau weichen. Dabei wird eine weitere Liegenschaft am Bahnhofplatz gleich in die neue Überbauung mit einbezogen. Vom Geviert bleiben einzig das Haus Bahnhofplatz 3, das nicht der PSP gehört, sowie das «Du Pont» am Beatenplatz stehen. Dieses wird zu einem Hotel umgebaut.
Das Projekt für den Neubau zwischen Bahnhofplatz und -quai zeigt nicht einfach einen Blockrand, der die bestehende Struktur vervollständigt, sondern – und das ist die grosse Überraschung – ein Hochhaus. Dieses Bürohaus wächst zehngeschossig aus dem zurückgesetzten Blockrand heraus. Der mässig hohe Turm akzentuiert das städtebaulich wichtige Gelenk zwischen Bahnhofplatz, Bahnhofquai und Bahnhofbrücke. Es bildet aber auch den zeitgenössischen Auftakt des Bahnhofgebiets und nimmt sozusagen die Europaallee vorweg, die den Bahnhof an seinem anderen Ende flankiert.
Ein Stücheli «post mortem»?
Verfasser des Projekts ist das Zürcher Büro Stücheli Architekten. Bürogründer Werner Stücheli, dessen Werk in den letzten Jahren wieder auf grosse Wertschätzung stösst, war in der Stadt ein bekannter Hochhausbauer. Er habe immer drei Hochhausprojekte parallel am Laufen: Eines wurde soeben fertiggestellt, ein zweites sei im Bau, das dritte in Planung – so lautete in den 1960er-Jahren ein Bonmot unter den Architekten.
Wollen Stücheli Architekten an dieser Tradition anknüpfen? Christof Glaus, einer der fünf Partner des heutigen Büros, schmunzelt: «Die Planung eines Hochhauses ist natürlich immer etwas Spezielles. Aber einen Boom wie in den Sechzigerjahren wird es in der Innenstadt kaum geben», meint er. Die Parallelen des Bahnhofquai-Projekts zu den Hochhäusern Werner Stüchelis gibt er aber unumwunden zu: «Die Qualität seiner Bauten ist heute unbestritten. Insbesondere in der relativ bescheidenen Höhe liegt eines der Geheimnisse: Das Hochhaus setzt lokal einen Akzent, dominiert aber nicht die ganze Stadt».
Dass das Modell und das Modellfoto auf «Retro» macht, sei eine Spielerei und eine kleine Referenz an den Bürogründer. Natürlich würden demnächst zeitgemässe Darstellungsarten folgen. Schliesslich gehe es ja auch darum, die Öffentlichkeit von der Richtigkeit dieser neuen, für viele unerwarteten Lösung zu überzeugen. Dazu stehe man im engen Austausch mit der Bauherrschaft und den Behörden.
Wie weiter?
Die PSP Swiss Property übt sich vorerst in Verschwiegenheit: Vorläufig gebe es nichts zu kommentieren, sagt die Firma auf Anfrage von Hochparterre. Zu gegebener Zeit werde man offiziell informieren. Es liess sich also auch nicht in Erfahrung bringen, warum die Eigentümerin nun plötzlich, entgegen den früheren Beteuerungen, auf einen Neubau setzt. Dass der Brand die Gebäudeversicherung so stark belastet wie kein anderes Brandereignis zuvor, dürfte kaum der Auslöser sein. Das vorliegende Modell deutet darauf hin, dass die Arbeiten am Neubauprojekt schon seit geraumer Zeit laufen: Anstelle des Globusprovisoriums zeigt es nämlich einen öffentlicher Platz – so wie es der Stadtrat im Februar letzten Jahres vorgeschlagen hat. Inzwischen hat der Gemeinderat die Vorlage zurückgewiesen.
Bei der offiziellen Vorstellung des Projekts – dem Vernehmen nach dürfte es bald soweit sein – wird das Provisorium wohl wieder an seinem Platz stehen. Die Auseinandersetzung darüber wird dann jedoch buchstäblich im Schatten des Turms stehen. Die Reaktionen von Heimatschützerinnen und Denkmalpflegern werden nicht auf sich warten lassen. Ob sich angesichts der zu erwartenden Opposition der Baubeginn halten lässt, ist fraglich. Laut Christof Glaus ist er auf den 1. April 2020 geplant.
Die Auflösung: Ein Hochhausscherz mit wahrem Kern