Die Besucherinnen konnten die Lehmsteine von Terrabloc in der Baumuster-Centrale in Zürich anfassen, ein paar Glückliche konnten sogar einen Stein mit nach Hause nehmen. Fotos: Gianfranco Rossetti
Im Auftrag von Terrabloc

Erde für alle

Die Genfer Firma Terrabloc will den Lehmbau aus der Nische holen. In der Baumuster-Centrale in Zürich zeigten Architekten, wie sie Bauherren von dessen ökologischen und gestalterischen Vorzügen überzeugen.

«Erde für alle», prangte diese Woche in grossen Lettern an der Wand der Baumuster-Centrale in Zürich. Rodrigo Fernandez, Mitgründer der Westschweizer Firma Terrabloc, hat ein grosses Ziel vor Augen. Er will den Lehmbau aus der Nische holen. Das Potential des klimafreundlichen Baustoffs ist enorm. «Drei Millionen Kubikmeter Aushub werden jedes Jahr aus dem Kanton Genf abtransportiert», erklärt Fernandez. Im Kanton Zürich ist es doppelt so viel Material, das man weiter nutzen könnte.

Rodrigo Fernandez erläuterte die zehnjährige Geschichte seiner Firma Terrabloc.

Gegründet hat der Materialwissenschaftler Fernandez Terrabloc vor rund zehn Jahren mit dem Architekten Laurent de Wurstemberger. Am Anfang haben die beiden an Kochrezepten für Lehm getüftelt. Bald realisierten sie erste Projekte, 2015 eröffneten sie in Gland im Waadtland eine Produktionshalle. Für eine Schule in Genf setzten sie ihre Lehmsteine 2017 erstmals für tragende Wände ein, in Form gepresst vor Ort. Doch die handwerkliche Produktion ist limitiert, weil sie aufwändig und langsam ist.

Um den Lehm für die Massen zugänglich zu machen, stieg Terrabloc in die industrielle Fertigung ein. Fernandez spannte zusammen mit der Firma Cornaz, die normalerweise Pflastersteine und Betonplatten herstellt. In ihrer Anlage mischen und sieben die Lehmtüftler Erde und pressen sie maschinell zu Steinen. Da diese während dem Vorgang vibriert werden, ist ihre Dichte höher als bei der manuellen Fertigung. Terrobloc hat verschiedene Steine im Angebot. Der neueste Prototyp ist der Terraplac, der besonders leicht ist und für Trennwände vorgesehen ist. «Damit kann ein Handwerker konventionell mauern», erklärt Rodrigo Fernandez. Wie breite die Anwendungspalette ist, zeigt eine Liste mit aktuellen Projekten der Firma: ein Altersheim, ein Schulhaus, eine Werkstatt, eine Genossenschaftssiedlung. Der Lehm wird demokratisiert.

Tanya Zein von FAZ Architectes berichtete, wie sie eine Primarschule in Riaz im Kanton Freiburg mit Lehm erweitert.

Die lokale Wertschöpfung stärken
Was damit gestalterisch alles möglich ist, erzählte die Architektin Tanya Zein, Partnerin bei FAZ Architectes. Das Büro stellt derzeit eine Erweiterung einer Primarschule in Riaz im Kanton Freiburg fertig. Die Struktur ist aus Holz, die Trennwände sind mit Lehmsteinen gemauert. «Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten», so Zein. Die Architekten erläuterten dem Bauherrn die ökologischen, raumklimatischen und architektonischen Vorteile ausführlich. Und sie zeigten ihm auf, wohin das Geld beim Lehmbau geht – nämlich in die lokale Wertschöpfung in der Region. Der Stein ist industriell gefertigt, trotzdem konnten die Kinder während einem Workshop selber vor Ort mithelfen, die Oberflächen zu behandeln. So haben sie ein Stück ihres eigenen Schulhauses gebaut.

Stanislas Zimmermann von Jomini Zimmermann Architekten glaubt an die Zukunft der «terrestrischen Architektur».

Mit Lehmsteinen können auch Auftraggeber bauen, die kein Budget für grosse Experimente haben. Stanislas Zimmermann von Jomini Zimmermann Architekten stellte ein Doppeleinfamilienhaus vor, dass sein Büro in Bellerive am Murtensee gebaut hat. Eine Stampflehmkonstruktion sprenge den finanziellen Rahmen der Bauherrschaft. Trotzdem wollten die Architekten so wenig Beton wie möglich verbauen. Also entwarfen sie eine Fassade aus Einsteinmauerwerk, eine Tragstruktur aus Holz und Innenwände aus Terrabloc-Steinen. Die Lehmsteine sind auf der einen Seite der Mauer sichtbar und auf der anderen verputzt, was die Elektroinstallation vereinfacht. «Wir waren total befallen vom Lehmvirus», sagt Zimmermann. Die Architekten arbeiteten mit Lehmputzen in verschiedenen Erdtönen. Um noch mehr graue Energie zu sparen, erstellten sie im Garten Trockenmauern. Für Stanislas Zimmermann ist klar: Die Zukunft gehört der «terrestrischen Architektur», wie er sie nannte.

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