Mit Memes ein Denkmal retten

Der alte Wasserturm im Schaffhauser Mühlental stand kurz vor dem Abriss. Dann lässt ihn ein aufmerksames Architekturbüro doch stehen. Zwei urbane Aktivisten berichten, wie sie dafür mobilisiert haben.

Der alte Wasserturm im Schaffhauser Mühlental stand kurz vor dem Abriss. Dann lässt ihn ein aufmerksames Architekturbüro doch stehen. Zwei urbane Aktivisten berichten, wie sie dafür mobilisiert haben.

Als wir von den Abrissplänen für den alten Wasserturm erfuhren, fühlten wir uns zunächst machtlos. Die Schaffhauser Stimmbevölkerung hatte 2021 den Kredit für den Ersatzneubau des Magazins Birch gutgeheissen, auf der Parzelle, wo auch das markante Industriedenkmal steht. Die Abstimmung war vorbei, und der Stadtrat hatte die Streichung des 1916 erbauten Turms aus dem ‹Verzeichnis der schützenswerten Kulturdenkmäler› bereits veranlasst. Nur eine politische Hauruckaktion und der Architekturwettbewerb standen der Abrisskugel noch im Weg.

Instagram-Aktivismus
Mit Ersterem hatten wir schon ein wenig Erfahrung durch unser Engagement für einen Stadtpark auf dem ehemaligen Breitestadion. Die Initiative will die grosse Grünfläche in unmittelbarer Stadtnähe erhalten: www.stadtpark-sh.ch. Hier aufgewachsen, verbindet uns der Einsatz, die Geschicke der hiesigen Kultur und Natur in eine positive Richtung beeinflussen zu wollen. In nur zwei Monaten trugen wir die Unterschriften für unser neues Projekt, die Volksmotion ‹Wasserturm vor dem Abriss rette ›, zusammen. Der politische Prozess war in die Wege geleitet, doch wie sollten wir die Bevölkerung ausserhalb der Architekturbubble für einen alten Fachwerkturm begeistern? Wir starteten einen Instagram-Account @ wasserturm_stoh_loh, über den wir Memes verbreiteten, die den drohenden Abriss des Turms thematisierten. Der semiseriöse Auftritt steigerte den Wiedererkennungswert des «wassotuom» und die Popularität unseres Anliegens. Anders als im Internet argumentierten wir in der echten Welt im Fachjargon. Wir präsentierten unsere Rettungsaktion im Rahmen der Schaffhauser Architekturgespräche und wiesen in der lokalen Presse auf den kulturellen Wert des Industriedenkmals hin.

Aus dem Meme-Archiv @wasserturm_stoh_loh

Wir balancierten zwischen flachem Internethumor, elitärem Fachdiskurs und trockener Politik. Schliesslich war es ein aufmerksames Architekturbüro aus Basel, das die politischen Wellen mitverfolgte und sich intensiv mit der Geschichte des Mühlentals auseinandersetzte. Mit seinem Sieg im Architekturwettbewerb hat es den Wasserturm gerettet.

Merci.

Das erstrangierte Projekt von weberbuess inszeniert den Turm als Landmarke.

Kommentare

Andreas Konrad 20.06.2023 23:30
Diese beiden Kämpfer haben alles begriffen. Thumbs up !
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