Die meisten Wettbewerbsteilnehmer*innen gehen leer aus. Fotos: Anne Linke

Die Stadt der Ranglosen

Was passiert mit den zweiten, dritten und weiteren Rängen eines Wettbewerbs? Und was passiert mit jenen Projekten, die gänzlich leer ausgehen? Notiz zum Tag der Arbeit.

Ist ein Wettbewerb erst einmal abgeschlossen und ein erster Rang erkoren, geht es für die erfolgreichen Architekt*innen in die Weiterbearbeitung. Doch was passiert mit den zweiten, dritten und weiteren Rängen? Sie wandern ins ‹Archiv›. Dorthin wandern auch jene Projekte, die gänzlich leer ausgehen und die für die geleistete Arbeit kein Preisgeld und je nach Verfahren auch keine Entschädigung erhalten. Das Archiv ist ihr Endlager in der Tiefe. Zurück an die glänzende Oberfläche gelangen die Beiträge nur dann, wenn die Architekturbüros sie zu Selbstwerbezwecken einsetzen oder ein spezifisches Forschungsinteresse auf sie gerichtet wird. Um aber die Grundlage für eine wirklich offene Architekturproduktion zu schaffen, ist es wichtig, dass aus den Wettbewerben so viele Ideen wie möglich zugänglich bleiben – auf unbestimmte Zeit.

Daran erinnert die Rettungsaktion eines bedeutenden Teils des Stadtzürcher Wettbewerbsgedächtnisses, von der in der kommenden Ausgabe von Hochparterre Wettbewerbe Hochparterre Wettbewerbe 2/2023 erzählt wird. Die gebaute Realität, in der wir leben, ist nur der kleinste Teil eines Felds von Möglichkeiten, wie sich die Stadt auch hätte entwickeln können. Im Feld unmittelbar daneben liegen viele weitere, alternative Projektionen. In Zukunft wird es darum gehen müssen, auch diese zu inkludieren, von ihnen zu lernen und die kollektive Intelligenz, die ein Wettbewerb anhäuft, zugänglich und operativ zu machen. Vielleicht heisst der Wettbewerb dann auch anders. Die Stadt der Ranglosen kennt keinen Wettbewerb.

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