Aussenbild des Siegerprojekts von brügger architekten Fotos: brügger architekten / Sollberger Bögli

Gymnasium Strandboden: schmerzliches Fehlen der BSA-Mitglieder

Nandita B. Boger kommentiert das Resultat des Wettbewerbs für das Gymnasium Strandboden in Biel. Das Resultat zeige, dass die architektonische Elite gefehlt hat.

Die Geschichte beginnt 2005, mit einem offenen Projektwettbewerb für die Sanierung der Hülle des 1981 von Max Schlup fertig gestellten Gymnasiums. Als der Kanton Bern als Eigentümer 2006 dem Siegerteam Maier Hess auch noch gleich einen Auftrag für einen Neubau erteilen will, wehren sich die Architektenverbände. 2010 veranstaltet der Kanton darauf einen offenen Wettbewerb. Motiviert bis zum Äussersten beschliesst die Ortsgruppe Bern des BSA, ihren Mitgliedern von einer Teilnahme am Wettbewerb abzuraten. Die meisten halten sich daran.

An der Erweiterung des Gebäudeensembles von nationaler Bedeutung haben gerade mal 21 Architekturbüros teilgenommen. Nur zwei davon stammen aus Biel und sind mit der übergeordneten Fragestellung vertraut – wie umgehen mit einem Ensemble, das städtebaulich, architektonisch und konstruktiv herausragend ist. Die Vorgaben der Wettbewerbs werden nicht hinterfragt. Alle Teilnehmer versuchen, innerhalb der Vorgaben eine Minergie-P-Holzfassade zu entwerfen. Wie das «Komitee Rettet den Gymer» schon beim Wettbewerb zur Fassadenrestauration von 2006 bemerkte: «Auf eine falsche Frage gibt es keine richtige Antwort». Dass es auch anders geht, zeigt eines der beiden Bieler Büros, Sollberger Bögli Architekten, der Verfasserin gut bekannt: In Zusammenarbeit mit dem Kunsthistoriker Dieter Schnell untersuchen sie die städtebauliche Situation des Ensembles. Sie kommen zum Schluss, dass es genau eine Möglichkeit für einen Erweiterungsbau gibt. Dieser nimmt die mögliche Sechsgeschossigkeit vorweg, orientiert sich an den angrenzenden Wohnscheiben und auf die Erweiterungsmöglichkeit, welche den Gymer endgültig zerstören würde, wird ausdrücklich verzichtet. «Gestützt auf diese Überlegungen wurden die Wettbewerbsbedingungen abgewandelt», schreiben sie im Erläuterungsbericht, und weiter: «Den Erhalt dieser Gebäudegruppe erachten wir als architektonische und kulturhistorische Pflicht.»

Die Jury zeigt sich unbeeindruckt. Kann sich unbeeindruckt zeigen, da alle 20 anderen Teilnehmer die Vorgaben des Kantons einhalten. Die Präsentation des Siegerprojektes von Brügger Architekten mit Sätzen wie «der neue Platz nimmt den Dialog mit dem bestehenden Platz auf» zeigen jedoch die Hilflosigkeit im Umgang mit architektonischen Themen. Dass der Neubau «empfindlich nahe» an die bestehende Turnhalle käme, sei kontrovers diskutiert worden, war zu vernehmen, aber immerhin «nehme der Neubau mit seiner Farbigkeit Themen von Max Schlup auf», wobei die Annahme, Schlups Metallfassaden könnten mit Holz und der gleichen Farbigkeit weitergebaut werden, das fehlende Verständnis illustriert.

Bei einem Schulhaus, das aus allen Nähten platzt, ist die Forderung nach einem Neubau sinnvoll und richtig. Hätten die BSA Mitglieder diesen Wettbewerb mitgemacht, wäre – wer weiss – eine Lösung aufgezeigt worden, die die städtebaulichen Qualitäten des Schlup-Ensembles zu schützen weiss und dennoch die inhaltlichen Vorgaben erfüllt. Der BSA kann sich zugute halten, sich hier nicht die Finger schmutzig gemacht zu haben. Doch brauchen wir unsere architektonische Elite genau in solchen Fällen, in architektonischen Fragen um ausweglos scheinende Situationen.

Die nächsten Schritte sind nun Baugesuche für den Ergänzungsbau und für die Umgebungsgestaltung. Wenn die Katastrophe nicht zum Fiasko geraten soll, müssten die Entscheidungsträger alle Teilprojekte übereinanderlegen, zwei Schritte zurücktreten und versuchen, die grossen Zusammenhänge zu erkennen. In dieser schwierigen Situation sind die besten Leute des Fachs gefragt.

Neubau Naturwissenschaften Gymnasium Strandboden, Biel

Projektwettbewerb im offenen Verfahren mit 21 Teilnehmern für den Kanton Bern

1. Rang: brügger architekten, Thun; Indermühle Bauingenieure, Thun; david & von arx landschaftsarchitektur, Solothurn

2. Rang: bernath + widmer, Zürich

3. Rang: Kast Kaeppeli Architekten, Bern

4. Rang: Stephan Hausheer & Gian Salis, Zürich

5. Rang: Beat Jaeggli + Martin Bischofberger, Zürich

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Kommentare

hane fischer 18.07.2011 15:11
...wow, wohin denn ? ...
Martin Reutimann, Fabian Michel; brügger architekten ag 17.06.2011 16:07
Die Autorin des Beitrags ist die Lebenspartnerin von Ivo Sollberger. Sie ist deshalb für eine objektive Beurteilung wohl eher ungeeignet, was sie unserer Meinung nach im Artikel auch beweist. Wir meinen, dass der Leser über die Verhältnisse einer Autorin zu Architekten, über die sie schreibt, aufgeklärt werden müsste. http://www.sollbergerboegli.ch/download/2010_arch154_vinelz.pdf
Urs Honegger, Redaktion Hochparterre 20.06.2011 11:02
Unsere Leser machen uns darauf aufmerksam, dass die Formulierung «der Verfasserin gut bekannt» die Verbindung zwischen der Autorin Nandita B. Boger und dem Architekten Ivo Sollberger vom Büro Sollberger Bögli nur beschränkt transparent macht. Frau Boger und Herr Sollberger traten zusammen als Bauherrschaft und Architekten der Liegenschaft Seestrandweg 7 in Vinelz auf und sind laut Telefonbuch da noch heute wohnhaft.
Alexander Maier 01.07.2011 12:03
Ja, schade. Der 6-Geschosser war tatsächlich eine der besten städtebaulichen Lösungen. Der Kanton muss und möchte dringend bauen und kann sich die mit einer Volksabstimmung zur Zonenänderung verbundene Unsicherheit nicht leisten. Er war somit für einen Ankauf nicht zu überreden. Ich habe mich für das 6-geschossige Projekt stark gemacht. Sie finden unser ursprüngliches Projekt in der Beilage. Bei diesem alten Projekt konnte die nötige Rücksicht auf Distanz und auf die Höhe der Umgebung genommen werden. Ich bitte Sie, den Artikel zu damit ergänzen. Ich war Mitglied der Jury und Verfasser des ursprünglichen Projekts.
Andres Herzog 01.07.2011 18:26
Die Pläne des ursprünglichen Projektes von Maier Hess Architekten sind am Schluss der Bildergalerie zu finden.
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