Das Gebäudelabel Minergie setzt neue Standards im Zeichen des Klimaschutzes – die Zusatzbezeichnung ‹ECO› steht für besonders gesundes und ökologisches Bauen.
Im Auftrag von Minergie

Die Weichen gestellt für den Klimaschutz

Strenge Anforderungen, klare Profile, eine gemeinsame Plattform: Die Schweizer Gebäudelabels wollen der Baubranche den Weg in Richtung ‹Netto-Null› weisen.

Energie sparen ohne Komfortverlust – das wollte Ruedi Kriesi schon in den 1990er-Jahren. Der damalige Leiter der Energiefachstelle des Kantons Zürich tüftelte an Null-Heizenergie-Häusern, lange bevor das Thema die breite Öffentlichkeit erreichte. 1995 definierte Kriesi zusammen mit dem Betriebswirtschaftler Heinz Uebersax den Gebäudestandard Minergie. Die Grundpfeiler Effizienz und Komfort gelten noch heute, doch Minergie hat sich von der Vision zweier Überzeugter längst zum meistverbreiteten Gebäudestandard der Schweiz entwickelt. Zum Minergie-Zertifikat gesellen sich inzwischen das ambitioniertere ‹Minergie-P›, ‹Minergie-A› für Plus-Energie-Häuser und der Zusatz ‹ECO› für besonders gesundes und ökologisches Bauen.

Wie der Standard Minergie hat sich auch sein Umfeld verändert. Spätestens seit dem Beitritt der Schweiz zum Pariser Klimaabkommen 2017 gehören Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien zum Pflichtprogramm bei Neubau und Sanierung. Mit dem Ziel ‹Netto-Null› bis 2050 sind auch die Treibhausgase im Gebäudebereich in den Fokus gerückt. Höchste Zeit also für Minergie, wieder einen Schritt vorauszugehen und – wortwörtlich – neue Standards zu setzen.

 

Das Zertifikat ‹2000-Watt-Areal› verschwindet – Minergie wird mit einem neuen Areal-Label die Effizienz, den Komfort und den Klimaschutz auszeichnen.

Wie die Minergie-Standards 2023 im Detail aussehen, erfährt die Öffentlichkeit bei der Lancierung der angepassten Labels am 13. September. Fest steht jetzt schon, dass der Klimaschutz fortan der dritte Grundpfeiler des Gebäudestandards sein wird. Erstmals wird Minergie verbindliche Treibhausgasgrenzwerte für die Erstellung festlegen. Zudem muss, wer ein Zertifikat anstrebt, künftig eine noch bessere Gebäudehülle nachweisen, mehr Solarstrom produzieren und eine bessere Gesamtenergiebilanz präsentieren. Und weil die Hitzetage in Zukunft noch zahlreicher werden, steigen auch die Anforderungen in Bezug auf den sommerlichen Wärmeschutz.

Minergie wird aber nicht nur strenger, sondern auch einfacher, wie der Zusatz ‹ECO› zeigt. Heute umfasst der ‹ECO›-Katalog für Neubauten 80 Kriterien – fortan werden es noch 57 sein. Besonders interessant: Neue Vorgaben in den Bereichen Kreislaufwirtschaft und Gebäudekonzept sollen Nutzungsflexibilität und Wiederverwendung, Rückbaufähigkeit und Wiederaufbereitung fördern.

Für Bauträger und Planerinnen aber mindestens so interessant wie die inhaltlichen Neuerungen ist die zeitgleich stattfindende Harmonisierung von Minergie mit weiteren Gebäudelabels. Die Palette der vom Bundesamt für Energie geförderten Labels ist derzeit breit; dazu zählen nebst Minergie der Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK), der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) sowie das ‹2000-Watt-Areal›. Allerdings sind die Labels untereinander schlecht kompatibel und ihre Profile teils unscharf. Aufeinander abgestimmte Berechnungsmethoden, eine neue nationale Label-Plattform und Minergie als einzige Betriebsorganisation sollen den Weg zum Zertifikat ab Herbst übersichtlicher und bequemer machen.

Bei allen guten Aussichten schmerzt ein Verlust: Das ‹2000-Watt-Areal› wird auf der neuen Plattform fehlen. Die Berechnungsmethode, die ihm zugrunde liegt, liess sich mit den übrigen Labels nicht in Einklang bringen. Minergie und das Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz (NNBS) springen mit je einem neuen Areal-Label in die Lücke. Entsprechend den Kernanliegen von Minergie werden beim Minergie-Areal Effizienz, Komfort und Klimaschutz im Vordergrund stehen. Die Mehrheit der Häuser soll ein Minergie-Zertifikat tragen, hinzu kommen Anforderungen an die Aussenräume, an Mobilität und Organisation. Auch beim SNBS wirkt der Geist des Gebäudelabels im Areal-Label weiter. Das SNBS-Areal soll für umfassende Nachhaltigkeit in den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft und Ökologie stehen.

Dass Energieeffizienz und Komfort sich verbinden lassen, bezweifelt heute kaum noch jemand. Und auch wenn sich Ruedi Kriesi mit seiner Forderung nach kontrollierten Lüftungen nicht nur Freunde gemacht hat, ist doch anerkannt, dass seine Vision den energieeffizienten Gebäuden viel Vorschub geleistet hat. Mit den anstehenden Erneuerungen bringt sich Minergie in Stellung, um auch auf dem Weg zu ‹Netto-Null› als Zugpferd voranzugehen.

Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz. Dieser Beitrag erscheint auch in der Hochparterre Sonderpublikation Werkplatz Spezial Aussenraum und Energielösungen.

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