Das Schulhaus steht an der Pfingstweidstrasse in Zürich West. Fotos: Georg Aerni
Im Auftrag von Minergie

Schonend lüften

Das Schulhaus Pfingstweid in Zürich wird über die Korridore und die Klassenzimmer dank Verbundlüftern mit Frischluft versorgt. Das spart Installationen, Platz und Energie.

Lüften oder nicht lüften, das ist im Bauen so eine Frage. Kontrollierte Lüftungen sparen Betriebsenergie, sorgen für saubere Luft und halten den Lärm von draussen fern. Andererseits setzen sie viel technische Installationen voraus, was die graue Energie und den Unterhalt erhöht. Doch die Frage muss nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden. Beim Schulhaus Pfingstweid in Zürich, das 2019 fertiggestellt wurde, gingen Baumann Roserens Architekten und die HLKK-Ingenieure von EBP einen Mittelweg. Im Minergie-Eco zertifizierten Gebäude kam ein neues Lüftungskonzept mit Verbundlüftern zur Anwendung, das mit einem Minimum an Technik ein Maximum an Lüftungskomfort herausholt.

Die Korridore dienen nicht nur als Erschliessungszone, sondern auch als Transportweg für die Zu- und Abluft.

Der Clou des Systems: Es nutzt den Raum selbst, um die Luft durch das Gebäude zu schleusen. Eine zentrale Lüftungsanlage leitet die frische Aussenluft in Bodennähe mit 18 Grad in die vier Korridore der Schultrakte, die die Klassenzimmer erschliessen. Die Korridore dienen somit nicht nur als Erschliessungszone, sondern auch als Transportweg für die Zu- und Abluft. Die verbrauchte Luft aus den Klassenzimmern wird jeweils am anderen Ende der Gänge weggeführt.

Die Frischluft gelangt ohne zusätzliche Leitungen und Rohre über Durchlässe in Bodennähe weiter in die Unterrichtsräume. Diese sogenannten Verbundlüfter können die Luft je nach Bedarf erwärmen oder kühlen, so dass diese optimal temperiert im Zimmer ankommt. Über spezielle Öffnungen oberhalb der Zimmertüren strömt die Luft in die Korridore zurück. Da die Lufträume von Korridor und Schulzimmer verbunden sind, steht mehr Luftvolumen als üblich zur Verfügung. Das System ist so ausgelegt, dass in den Schulzimmern auf eine CO2-abhängige Steuerung der Luftmenge verzichtet werden kann. Stattdessen sind die Geräte auf eine konstante Luftmenge eingestellt, wenn jemand im Raum ist. Erd- und Untergeschoss werden konventionell belüftet, zum Teil aber auch über Umluftklimageräte beheizt und gekühlt.

Zum Pfingstweidpark auf der Rückseite öffnet sich das Gebäude mit einer Holzfassade.

Das Lüftungsverfahren sorgt im Tagesverlauf nicht nur für Frischluft, sondern auch für das richtige Klima. Die Verbundlüfter erwärmen oder kühlen die Klassenzimmer in der Regel nachts im Umluftbetrieb auf die gewünschte Temperatur. Das setzt genug thermische Masse voraus, die die Spitzen bei normalen klimatischen Bedingungen über den Tag ausgleicht. Bei sehr hohen oder tiefen Aussentemperaturen kann das System reagieren und auch tagsüber im Umluftbetrieb zusätzlich heizen oder kühlen.

Das Konzept hat sich laut Minergie bereits in  Bürobauten bewährt, wo die Personenbelegung allerdings viel geringer ist als in Schulzimmern. «Das Lüftungskonzept ist in dieser Version, zusammen mit dem Klimagerät für Heizen und Kühlen, ein Novum», sagt darum Simon Hess von EBP. Gelüftet wird bedarfsorientiert anhand der CO2-Konzentration im Korridor und mittels der Präsenzmeldern in den Schulzimmern. Dadurch werde nicht zu viel gelüftet und weniger Energie verbraucht. «Das Lüftungssystem ist sehr energieeffizient», so das Fazit von Hess.

Durch die Konstruktion entfallen aufwändige Lüftungskanäle. Das spart Platz und erhöht den Spielraum für die Architektur. Das hat auch die Bauherrin überzeugt. «Das Lüftungskonzept kommt mit deutlich weniger gebäudetechnischen Installationen aus – ohne Verzicht auf den gewohnten hohen Komfort von konventionellen Systemen», sagt Roland Wagner, Projektleiter bei der Stadt Zürich. Das Konzept bietet laut Wagner auch bei Instandsetzungen und geschützten Bauten grosse Vorteile, da die Eingriffe in die Bausubstanz geringer ausfallen. Die Umluftklimageräte können zudem sehr schnell auf Temperaturänderungen reagieren – im Unterschied zu trägen Systemen wie Fussbodenheizungen. «Von Nachteil ist das grosse Volumen der Geräte», so Wagner. Das System setzt zudem eine enge Zusammenarbeit zwischen Architektur, Gebäudetechnikplanung und Bauphysik voraus. Wer mit wenig Technik kontrolliert lüften will, muss dafür viel von Physik verstehen.

Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz.

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