Zürcher Wohnungsnot gebannt oder am Bedarf vorbei gebaut?

In der Stadt Zürich gibt es mehr leere Wohnungen als im Vorjahr. Der ‹Tages-Anzeiger› sieht die Wohnungsnot abklingen. Die ‹NZZ› zeichnet ein anderes Bild, denn die Hälfte der neuen Leerstehenden liegt im statistischen Quartier Escher-Wyss – also dort, wo teure Wohnhochhäuser fertiggestellt wurden.

Brav berichtet der ‹Tages-Anzeiger› über die statistischen Erhebungen zum Leerwohnungsbestand per 1. Juni 2014. Die Wohnungsnot entspanne sich, allerdings nicht überall. Urs Rey von Statistik Zürich beurteilt die Leerstandsquote von 0,22 Prozent – was total 471 Wohnungen entspricht – noch immer als sehr tief und bemerkt: «Der Wohnungsmarkt scheint etwas gesättigt, teure neue Wohnungen können nicht mehr ohne weiteres vermietet oder verkauft werden.» Die ‹NZZ› erkennt den wunden Punkt: Von 229 mehr leerstehenden Wohnungen als im Vorjahr gehen allein 105 auf das Konto des «statistischen Quartier Escher-Wyss, das etwa dem Entwicklungsgebiet Zürich-West entspricht». 97 davon seien Neubauten und entsprechend eher hochpreisig. «Der Blick ins Suchportal zeigt, was die hohen Preise im Kreis 5 konkret bedeuten. In fast allen Wohnhochhäusern wird man fündig», weiss die ‹NZZ› und berichtet über eine Maisonette-Wohnung in den Escher-Terrassen, bei der 251 Quadratmeter 12'735 Franken pro Monat kosten. «Die Nebenkosten sind dann allerdings inbegriffen.»

Weitere Meldungen:


– Potenzielle Besetzungen als bestes Verkaufsargument: ‹Die Wochenzeitung› berichtet über die junge Zwischennutzungsvermittler-GmbH Projekt Interim. Sie spreche idealistisch, doch nicht über das Geld, das sie verdiene. Der Mieterverband empfiehlt, die GmbH zu meiden, denn die Kündigungsbedingungen seien fragwürdig und die kassierten Beträge lägen «weit über dem Betrag, bei dem man von einer Gebrauchsleihe reden könne.»
* Nachtrag: Mittlerweile wurde ein Korrigendum veröffentlicht, wonach die Empfehlung des Mieterverbands auf falschen Informationen fusse.

– ‹Der Bund› stellt das Programm der Biennale Bern vor. Unter dem Titel «Zwischen Räumen» werden sich 70 Kunstschaffende und sieben Ensembles mit Fragen «nach dem Raum, seiner Funktion und seiner Wahrnehmung» auseinandersetzen.

– Die Zürcher MACH Architektur soll laut ‹Die Weltwoche› die Innenausstattung einer 120-Millionen-Dollar-Yacht namens «Seahawk» entwerfen, die in Hamburg für Luxusreisen in die Antarktis gebaut werden soll. Noch ist man auf Investorensuche.

– «Auch in Wien gibt es Gentrifizierung und Verdrängung», schreibt ‹Die Wochenzeitung› über die Räumung eines von 19 Personen besetzten Hauses durch 1700 Polizisten. Nun rege sich aber Widerstand, denn der Bau von Gemeindewohnungen sei seit 2000 eingestellt worden, der durchschnittliche Mietpreis um 40 Prozent gestiegen.

– In ‹Die Weltwoche› unterscheidet Alain de Botton Beschäftigung und Fehlbeschäftigung. Wer «schlechtentworfene Wohnungen, schlechtsitzende schäbige Kleidung» herstelle, leiste keinen Beitrag zu menschlichem Wohlergehen. Botton fordert aber keine Einschränkung des Konsums, sondern eine radikale Ausweitung des Kapitalismus auf die höchsten Stufen der Bedürfnispyramide. Die Wirtschaft solle den Menschen nicht Liebe und Spass anpreisen und Autos geben, sondern Liebe und Spass.

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