Lenken statt betonieren
Veraltet, ohne Perspektive, eine Zwängerei der Bauwirtschaft. Der Architekt Peter Eberhard kritisiert Rosengartentunnel und Rosengartentram als Klimasünde, ewiggestrig und überholt.
Zu ‹Rosengartentunnel & Rosengartentram› sind ein paar Bemerkungen nötig: Wesentlich höhere Verkehrskapazitäten können, und das haben noch nicht alle Verkehrsteilnehmenden realisiert, nur noch durch Steuerung und Automatisierung erreicht werden, nicht mehr durch zusätzlichen Strassen-, Tunnel und Brückenbau. Die Verkehrsdichte liesse sich auch am Rosengarten mittels G5 basierter Steuerungstechnologie, die aller Wahrscheinlichkeit nach und gegen berechtigte Skepsis in der Schweiz flächendeckend eingeführt wird, sicher noch um einiges erhöhen. Statt dessen wird mit neuen Strassen – neu sechs statt wie bisher vier – die Kapazität mit Beton aufgebaut.So basiert die Rosengartenplanung auf veralteten technischen Grundlagen. Sie ist eine Zwängerei der Bauwirtschaft und von Verkehrsplanern. Von einem Stadtentwicklungsverständnis her ist sie zu wenig perspektivisch angelegt, zu isoliert gedacht und zu wenig umfassend. Einfach: Nicht mehr zeitgemäss!
Jahrzehnte lange Wunde
Und: Punkto Verbindung von zerschnittenen Quartierteilen kann ich, alter Schwamendinger, der die Transformation der Überlandstrasse in eine offene Autobahn in den sechziger Jahren bekämpfte und sich für eine Untertunnelung des Quartiers einsetzte, nur ausrufen: Wipkingen ist nicht Schwamendingen! Schaut doch hin was es für ein Quartier bedeutet, eine so massive Transformation erdulden zu müssen. Das Rosengartenvorhaben mag kurzfristig kleine verkehrstechnische Vorteile bringen, sicher aber wird es viele, nur langsam heilende Wunden hinterlassen. Und das heisst, wie in Schwamendingen, während mehrerer Jahrzehnte.
Das Tram ist Flickwerk
Auch werden Erinnerungen an das Tieftram wach, das vom Zürcher Stimmvolk klugerweise abgelehnt wurde. Seither sind wesentlich mehr neue Buslinien angelegt, als Tramlinien verlängert worden. Vergegenwärtigt man sich, wie das S-Bahn-Netz seither entstanden ist und ständig verfeinert wurde, so erscheint mir die steile Ergänzung des Tramnetzes am Rosengarten als Flickwerk. Immer befremdender kommt es mir vor, wenn ich zurückerinnernd meine Kameraden und mich als Primarschüler sehe, wie wir mit grosser Geschwindigkeit mit den Velos über das Kopfsteinpflaster zum Escher Wyss-Platz hinunter sausten, um mit möglichst viel Schwung in Richtung Hardturm zum Fussballmatch von GC abbiegen zu können.
* Prof. em. Peter Eberhard ist Architekt ETH und leitete lange Jahre das Departement Design an der heutigen Hochschule der Künste.