St.Gallen schafft die Kurve nicht
Ärger über die Sitzverteilung des neuen St.Galler Stadtrates. Der parteilose Architekt Markus Buschor muss die Schule übernehmen, statt die Direktion Bau und Planung. Er wollte dort der vermissten Baukultur neue Impulse geben.
Jahrelang beklagten breite Kreise in der Stadt St.Gallen den Mangel an Baukultur. Jetzt, wo es unter anderem um die Nachfolge der abtretenden SP-Baustadträtin Elisabeth Beéry ging, sahen viele kritische Geister einen Silberstreifen am Horizont. Sie wählten den parteilosen Architekten Markus Buschor in den Stadtrat, zusammen mit der CVP-Frau Patrizia Adam. Die SP ist deswegen in der Stadtregierung gar nicht mehr vertreten.
Buschor trat als engagierter und kritischer «Fachmann» an. Er wolle die Baukultur wieder aufs Gleis bringen, war sein wichtigstes Versprechen. Die Architektur-Fachverbände rührten denn auch für ihn die Werbetrommel. Weil er aber weniger Stimmen machte als seine CVP-Kollegin, durfte diese bei der Verteilung der Direktionen zuerst wählen und schnappte Buschor das Departement Bau- und Planung weg. Jetzt muss der Architekt sich mit der Schuldirektion abfinden.
Die CVP-Frau trat im Wahlkampf mit wenig klaren Aussagen auf. Die Kritiker an der bisherigen Baupolitik sind möglicherweise vom Regen in die Traufe geraten.
Die Reaktionen auf die Online-Meldung des «St.Galler Tagblatt» auf diesen Entscheid sind harsch: «Ein Eigentor erster Güte», «eine unwürdige, nur der Parteiräson unterworfene Entscheidung», «eines Stadtrats nicht würdig», «Ökonomie schlägt Ökologie», «absolute Frechheit» oder «ein Schlag mitten ins Gesicht der St. Galler Stimmbürger».