«Denkbar wäre eine dynamische Regelung, die sich am Verhältnis zum Kontext orientiert. So könnten Gebäude als Hochhäuser gelten, die um ein bestimmtes Mass höher sind als die Regelbauweise», schlägt Jonas Grob vor.

Schattenseiten eines Reförmchens

Architekt Jonas Grob kritisiert die Änderung der Zürcher Schattenwurfregelung für Hochhäuser. Sie behandle lediglich eine Einzelfrage in einer Thematik, die der Kanton grundsätzlicher angehen müsste.

Nach sechsjähriger Arbeit präsentiert die Baudirektion des Kantons Zürich das Resultat zum «Reformpaket Hochhaus». Angeregt durch eine kantonsrätliche Motion von 2011 (Motion KR-Nr. 199/2011, Strategie Innere Verdichtung; Carmen Walker Späh, Jörg Kündig, Thomas Vogel) hat das Amt für Raumentwicklung die Gesetzgebung bezüglich Hochhäusern unter dem Blickwinkel der inneren Verdichtung überprüft. Mehr als ein halbes Jahrzehnt dieser Prüfung der drei betroffenen Artikel im Planungs- und Baugesetz und der Allgemeinen Bauverordnung (PBG §282, §284, ABV §30) haben ergeben, dass einzig Handlungsbedarf bei der Regelung des Schattenwurfs bestehe. In der laufenden Vernehmlassung wird nun vorgeschlagen, den maximalen Schattenwurf von zwei auf drei Stunden zu erhöhen. Man passe damit eine Regelung an, die im interkantonalen Vergleich rigide sei und mehrfach Projekte verhindert habe, teilt der Kanton mit und verspricht sich von der Änderung, den Bau von Hochhäusern zu erleichtern und den Anforderungen der Siedlungsentwicklung gerecht zu werden. Die Widersprüchlichkeit der aktuellen Gesetzgebung bleibt jedoch unangetastet und die Chance verpasst, die Gesetzgebung als wichtigen Baustein der Verdichtung an die Herausforderungen der Zeit anzupassen.

Die Höhe, von der an ein Gebäude als Hochhaus gilt, bleibt unverändert bei 25 Metern. Dieser Wert war von der Länge einer Feuerwehr-Drehleiter abgleitet worden, doch die Gerätschaften der Feuerwehr gelangen heute höher hinauf und die revidierten Brandschutzrichtlinien setzen daher die Schwelle bei 30 Metern an. Das PBG dagegen definiert das Hochhaus weiterhin anhand eines Feuerwehroldtimers. Das ist unverständlich, denn wenn eine besondere Gesetzgebung zum Bautypus Hochhaus gerechtfertigt ist, dann aufgrund seiner herausragenden Stellung im Ortsbild – zweckdienlicher wäre darum eine aus städtebaulicher Sicht entwickelte Regelung.

Die Festlegung der Höhengrenze bedarf einer grundsätzlicheren Diskussion. Ist die besondere Bestimmung überhaupt notwendig? Könnte dies nicht den kommunalen Bauordnungen überlassen werden? Denkbar wäre auch eine dynamische Regelung, die sich am Verhältnis zum baulichen Kontext orientiert. So könnten Gebäude als Hochhäuser gelten, die um ein bestimmtes Mass höher sind als die Regelbauweise.

Die Regelung zur Ausnützung von Hochhäusern bleibt ebenfalls unangetastet. Weiterhin gilt PBG§283, Abs.3: Die Ausnützung darf nich nicht grösser sein als bei einer gewöhnlichen Überbauung. Eine Ausnahme können nur Sonderbauvorschriften erwirken – die heute auch bei den meisten Hochhausbauvorhaben angewandt werden. Mit dem Verweis auf diese übliche Ausnahme-Praxis begründet nun die Baudirektion, eine Anpassung des Paragrafen sei nicht nötig und lässt den Widerspruch zwischen der eigenen Zielvorgabe von Verdichtung und dem Gesetzestext stehen.

Ein weitergehender Reformwille ist in der Broschüre zur Vernehmlassung nicht auszumachen. Doch der städtebauliche Zustand vieler Orte und die zu erwartenden Umwälzungen würden eine zweckmässigere Gesetzgebung erfordern. Zurzeit bestehen Planungsinstrumente, die grossräumige Gebiete definieren, wo Hochhäuser zulässig sind. Bauträger können unter Wahrung der besonderen Anforderung gemäss PBG§284 (ortsbaulicher Gewinn, Zweckbestimmung und besondere architektonische Gestaltung) Hochhäuser innerhalb dieser Gebiete realisieren. Diese Regelung hat die Absicht, schlechte Hochhäuser am falschen Ort zu verhindert. Sie kann aber nicht gute Hochhäuser am richtigen Ort fördern. Dafür sind die Gebiete zu grossräumig.

Hochhäuser können dann einen Beitrag zur Verdichtung leisten, wenn sie am richtigen Ort stehen. Entwicklungen wie um die Bahnhöfe Oerlikon und Altstetten sind vorbildlich: Hier setzen Hochhäuser einen städtebaulichen Akzent an einem in der Siedlungsstruktur sinnvollen Ort und leisten Verdichtung, wo die Erschliessung mit ÖV vorzüglich ist. Eine zweckmässigere Gesetzgebung sollte daher Instrumente bereit halten, die eine qualitätvolle Setzung von Hochhäusern an den richtigen Orten fördern. Dazu könnten in Richt- oder Zonenplänen attraktive Setzungen bezeichnet und deren Umsetzung mit geeigneten Mittel gefördert werden – etwa mit einer Zone für Hochhäuser oder über die Ausweitung des Instrumentes der Ergänzungspläne.

Die Verlängerung des Schattenwurfes wird das Bauen von Hochhäusern erleichtern und den Prozess der baulichen Verdichtung fördern. Das gesteckte Ziel von mehr Hochhäusern wird erreicht – und das ist gut so! Doch weitergehenden Ambitionen wie eine konsistente Gesetzgebung oder eine Verbesserung der Qualität der Siedlungslandschaft werden nicht angestrebt. Die Früchte der jahrelangen Arbeit sind dürftig. Das Amt verpasst es, eine fast 50 Jahre alte Gesetzgebung grundsätzlich zu überdenken und den heutigen Herausforderungen anzupassen.

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