Chur West von oben. Das 18 Hektar grosse Gewerbegebiet ist das mit Abstand grösste Entwicklungsareal der Bündner Hauptstadt.
Fotos: Andrea Badrutt
Chur wagt die 2000-Watt-Gesellschaft verbindlich in einem Arealplan und vergibt dennoch eine grosse Chance. Kein Mensch glaubt, dass aus der «Flaniermeile», die in einer Tiefgarage beginnt und im Nirgendwo aufhört, jemals etwas werden kann.
Zur Zeit beschäftigt sich Chur mit seinem Westen – ein 18 Hektar grosses Gebiet aus Autogaragen, Einkaufszentren, Ausfallstrassen, Wohnblocks, Gewerbehäusern, Containern und zwei weissen Türmen, von deren Dachterrasse aus die Oberländer nach Hause schauen, wenn sie Heimweh haben. Überall ist schon jemand, dennoch will der Stadtrat hier ein neues Stück Stadt planen. Wie mutig. Denn heute geht, wer nicht muss, nicht da hin. Das soll anders werden. Wie schön. Im Gebiet sind Architekten und Spekulanten auf der Pirsch. Sie will man etwas bändigen. Wie richtig. Kürzlich hat darum der Churer Stadtrat einen Arealplan vorgestellt. Damit kann er sagen, was er wie wo voranbringen und was bremsen will. Doch dieser Arealplan ist eine städtebauliche Nullnummer. Es fehlen ihm Idee, Bild und Anliegen. Kein Mensch glaubt, dass aus der «Flaniermeile», die in einer Tiefgarage beginnt und im Nirgendwo aufhört, jemals etwas werden kann. Das Verstreuen einzelner Hochhäuser über Quartiere nützt ausser Hochhausarchitekten niemandem. Die Verkehrsbilder sind gut gemeint, aber in zehn Jahren schon ausserhalb der Wirklichkeit. Der Plan ist eine Versammlung von allgemeinen Sprüchen, Tiefbaufreuden und heiterem Frohsinn. Bis auf eine Perle. Auf ein paar Zeilen beschreibt der Plan plötzlich, was eine Idee, ein Bild und ein Anliegen sein könnte: Chur West soll als Stadt der 2000-Watt-Gesellschaft gebaut werden. Ich traute meinen Augen nicht: Die meinen das ernst, sie fechten nicht im Nebel wie sonst kreuz und quer, sondern machen prägnante Vorschläge zu Energieformen und Mobilität, die weitreichende Folgen auf den Um- und teilweise Neubau des grossen Stadtteils haben werden. Und auf die Lebensformen der Menschen, die da wohnen und arbeiten werden. Man muss sich das vorstellen – wir leben heute in der Schweiz auf viermal höherem Fuss. Unsere grossen Wohnungen, die Ferien auf den Malediven, die...
2000 Watt in Churs Westen?
Chur wagt die 2000-Watt-Gesellschaft verbindlich in einem Arealplan und vergibt dennoch eine grosse Chance. Kein Mensch glaubt, dass aus der «Flaniermeile», die in einer Tiefgarage beginnt und im Nirgendwo aufhört, jemals etwas werden kann.
Köbi Gantenbein 19.09.2016 09:23