Köbi Gantenbein lobte die Sonne, die Solidarität und die Frauen. Fotos: Daniel Bernet

Die Festrede

Köbi Gantenbein, der Chefredaktor, hielt die Festrede zu Hochparterres 25. Geburtstag. Lob an die Sonne, das Lob an die Solidarität und das Lob an die Frauen – das sind die drei Gründe, warum es Hochparterre gibt.

Köbi Gantenbein beleuchtete als Klarinettist die drei Gründe bengalisch mit seiner Kapelle «Bandella delle Millelire».

Auf der Brüstung hoch über dem Fest beginnen Posaune und Tuba mit «Bella ciao», der Hymne des Widerstandes aus Italien. Bald setzt die Kapelle ein und dreht die pathetische Weise schnell und schneller im Kreis bis sie im Jazz gelandet ist und ironisch über die Festgemeinde fegt. Applaus für die «Bandella delle Millelire»

Liebe Freundinnen und Freunde von Hochparterre, grosse Festgemeinde

Welche Nostalgie, welche Erinnerungen: weisch no denn?, welche Legendenbildung im Pathos: «Bella ciao», gebrochen mit Ironie von der «Bandella delle Millelire». Denn wir feiern die Nostalgie und stricken die Legende: 25 Jahre Hochparterre!

Ich verneige mich vor uns 22 Macherinnen und Machern.
Ich verneige mich vor den 76 500 Leserinnen und Lesern von Hochparterre und grüsse Euch hier im Hof – ihr seid die Avantgarde.
Ich verneige mich vor den Inserentinnen und allen anderen, die mir uns geschäftlich zusammenspannen. Wir bereiten Euch eine Plattform, ihr ermöglicht sie uns. Ohne uns kein wir und also kein hier heute Abend.
Ich verneige mich vor Reini Sicher aus Gurtnellen, unserem Lithografen und vor Thomas Christoffel und den Seinen von der Südostschweiz Print aus Chur. Ihr stellt her – materiell, auf schönem Papier – was wir uns ausdenken, schreiben, fotografieren und Layouten.  Wir tun das im Unterland, ihr tut das in den Bergen.
Ich verneige mich vor Benedikt Loderer und mir – wir sind die Gründer, wir waren von Anfang an mit dabei wir sind immer noch da und frohgemut.

Hochparterre gibt es weil wir viel arbeiten, ihr tüchtig lest, ihr mit Geld mit von der Partie seid. Hochparterre ist aber auch ein Kind des Glücks, auf das die Sonne seit 25 Jahren warm scheint. Und diese Sonnengüte trägt das nächste Lied der Kapelle: «Odessa Bulgar» ein Klezmerstückli

Roland zählt an: «eins, zwei, drei» Die Klarinetten setzen an, die Band steigt ein und das Klezmerlied braust über die Festgemeinde. Applaus.

Warum gibt es Hochparterre? «Odessa Bulgar» der Bandella delle Millelire fasst die Gründe zusammen.

Bodenständigkeit und Solidität. Dafür sorgen Simon an der Trommel und Alice an der Pauke; Heini an der Posaune, Roland an der Tuba und Buzzi am Baritonsax. Bodenständig und solide ist Hochparterre im Geschäften, im journalistischen Handwerk und in der Ideologie des Guten& Wahren.

Präzision und Überraschung. Dafür sorgen Lili an der Handorgel und Rita an der Geige. Präzise und überraschend ist Hochparterre im Diskurs, in den Beiträgen zu Architektur, Planung und Design.

Klarheit und Kraft. Dafür sorgen Muschti an der Trompete und Köbi an der Klarinette. Hochparterre ist klar und deutlich im Design, im Geschäfte schmieden, im Schreiben und Fotografieren.

Spielerei, Phantasie und Ironie. Dafür sorgen Bettina an der Klarinette und Werner am Sax. Die Phantasie ist das wichtigste Produktionsmittel von Hochparterre. Je mehr, je gut. Und wenn sie umschlägt in Virtuosität noch besser.

Tempo, Zug von A bis Z und am Horizont der letzte Takt und der Applaus des Publikums. Die Musik sagt, warum es Hochparterre gibt, das gleichermassen ist.

Die Kapelle stellt sich auf und spielt das «Einheitsfrontlied». Applaus.

Das, geschätztes Publikum, ist eine Hymne an die Solidarität, geschrieben von Kurt Weil und Berthold Brecht in den Zwanziger Jahren als Kultur & Kunst den politischen Kampf der Avantgarde in Deutschland begleitet hat. Warum gibt es Hochparterre zum Zweiten? Wegen der Solidarität. Sie ist der Grund von Hochparterres Betriebsalltag, wo 22 Leute Zeitschriften, Bücher, Internetzeitung, Verlag, Reisebüro, Buchhandlung machen. Einander gleich in Lohn und Brot mit einem, der Gleicher ist. In Zuneigung, Gelassenheit und Zuversicht.

Solidarität trägt auch das Vorhaben, das Hochparterre zu seinem 25. Geburtstag auf die Beine stellt. Vom Unternehmensgewiss geht jährlich das Solidaritätsprozent weg, ergänzt mit Zuwändungen steht es für Vorhaben von Journalistinnen und Verlegern in den Teilen der Welt zur Verfügung, denen es nicht so gut geht wie uns in Hochparterre; die wegen politischem Druck oder ökonomischem Missstand nicht unsere privilegierten Arbeitsbedingungen haben. Das Solidaritätsprozent 13 stellen wir Radio Tanya in der Republik Kongo zur Verfügung. Die Kollegen dort richten mit den 8500 Franken ein Internetcafé ein, mit dessen Erträge sie ihre Radiostation mitfinanzieren.

Hochparterre steht in der Tradition der Aufbrüche; wir können die Früchte dieser Tradition reichlich geniessen. Also erkling das nächste Lied.

Die Musikantinnen und Musikanten spielen Se ben che siamo Donne, ein Chorus der Klarinetten wechselt in den des Saxophons und der Trompete. Dann folgt Gesang und alle stürzen in ein schnelles tutti. Applaus.

Warum gibt es Hochparterre zum Dritten? Das Lied sagt es «So gut sind wir Frauen».

Immer haben Frauen das Geld regiert. Ganz früh und kräftig Sarah und Yvonne, später Christine und Jutta. Und heute sind die Goldmarien Agnes, Susann, Sanja und Gabriela.

Immer haben Frauen die Kunst regiert. Seinerzeit Amy und Trix, später Nicole und Barbara Erb – so früh gestorben. Von ihr tragen wir stolz das Logo mit. Dann Susanne und heute Antje als Art Direktorin, Barbara seit langer Zeit und Juliane. Und für Design & Kunst sind die Redaktorinnen Meret und Lilia.

Hochparterres erster Lehrling war Ariane als Lehrtochter und Julia als zweite.

Und die Fäden für Hochparterre, das Heft, sind in den Händen von Rahel, der stellvertretenden Chefredaktorin.

Se ben che siamo donne. Und Beno und ich die zwei Männer vornedran. Und natürlich haben etliche bedeutende Männer Hochparterre getragen und tun es weiterhin. Aber für Hochparterres Frauen das nächste Lied. Es tritt auf ein schöner Mann. Schwarze Haar, schwarzer Bart, stechende Augen, im Mund die Zigarre und auf dem Kopf das Beret: Comandante Che Guevara.

Die Tuba beginnt einsam, die Handorgel setzt ein, die Klarinette gibt Gegenmelodie und dann spielen Tutti den ersten Chorus, es wechseln Trompete mit Klarinette und wider Tutti mit Glut. Applaus.

Geschätztes Publikum. Das war die Festrede, bengalisch vertont von der Bandella delle Millelire.

Danke an Moritz Küderli und die Seinen von Hydroplant. Seit Jahren feiern wir das Sommerfest miteinander.

Danke an Laurent und Jürg vom Laden Welschland. Seit Jahren besorgen sie Speis und Trank. Köstlich.

Danke Ihnen, dass Sie mit uns sind. Monat für Monat machen wir das Heft für Sie, unseren Daseinsgrund und Freudenquell. Ich mache Ihnen einen Vorschlag für das Geburtstagsgeschenk: Schenken Sie ihrem Kollegen, ihrem Schatz, Ihrem Kind oder wenn sie es noch nicht haben sich selber ein Abo. Sie beschenken damit sich selber, uns und den Beschenkten. Wahrlich viel für nur 164 Franken.

Ich wünsche uns ein frohes Fest. Die Kapelle macht Pause und spielt später wieder.

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