Filmplakat von Christiana Couceiro Fotos: Christiana Couceiro

Filmpremière: The Visual Language of Herbert Matter

Das Leben von Herbert Matter gibt viel zu erzählen, zeigt der Film «The Visual Language of Herbert Matter». Das Schicksal führte den grossgewachsenen, gut aussehenden Bäckerssohn aus Engelberg weit in die Welt.

Das Leben von Herbert Matter gibt viel zu erzählen. Es führte den grossgewachsenen, gut aussehenden Bäckerssohn aus Engelberg weit in die Welt. Den Jungen mit Talent fürs Zeichnen zog es nach der verstaubten Ausbildung an der Genfer Académie des Beaux-Arts nach Paris. Hier lernte er von Cassandre und Léger, traf Le Corbusier – und musste die Stadt überstürzt Richtung Zürich verlassen, weil ihm die Aufenthaltspapiere fehlten. Er holte das Bauhaus nach Engelberg, als er das Tea Room seines Vaters in Engelberg umbaute. Für die Schweizerische Verkehrszentrale entwarf er Ikonen der Plakatgrafik. Und er packte die Chance, 1935 als Fotograf mit der Tanztruppe von Trudi Schoop nach New York zu reisen, um für den Rest seines Lebens in Amerika zu bleiben.

Herbert Matter bewegte sich zwischen den Disziplinen: Grafiker, Fotograf, Ausstellungsgestalter, Art Director, Dozent für Fotografie und Graphic Design in Yale – und Freund von Jackson Pollock, Alexander Calder, Alberto Giacometti, Robert Frank, unter anderen. Herbert Matter ist eine jener Figuren, die in Paris, Zürich, New York, Kalifornien und wieder New York das volle künstlerische Programm der klassischen Moderne miterlebt und mitgestaltet haben. Zumindest bis zur aufkommenden Pop Art, die die Werbung in die Kunst überführte, während Matter doch ein Leben lang seinen künstlerischen Blick für die angewandte Gestaltung nutzte und diese prägte. Als ein Künstler, dem es stets um die Form und ihre Ordnung ging, stand er jenen jungen «idea people» einigermassen verständnislos gegenüber. Doch was er von den Dreissiger- bis in die Siebzigerjahre geschaffen hat, ist eindrücklich.

Reto Caduff, selber Grafiker und Filmemacher, bereitet Herbert Matter eine lang erwartete Hommage. Sein Film, der Matter nie sprechend zeigt, zeichnet dieses Arbeitsleben mit einer Fülle von historischem Material nach. Unter dem Footagematerial sind auch unveröffentlichte, von Matter selber gefilmte Einstellungen, viele Fotografien, grafische und experimentelle Arbeiten. Caduff montiert (und animiert) die Aufnahmen und Werke von Matter und nimmt eine – etwas ermüdende – Fülle von Statements auf, die ihm Zeitzeugen und Exegeten in die Kamera diktieren. Sie alle betonen den Stellenwert, den Matters Werk für die visuelle Kultur Amerikas hatte. Der besessen arbeitende Matter selber bleibt stumm, aber das hat seine Berechtigung: «He wasn’t a man of words», erklärt sein Sohn Alex Matter und rätselt darüber, wie die Studenten von ihrem Professor gelernt hatten. Vom Hinschauen, von der immer noch strahlenden Kraft seiner Werke, folgert man am Schluss des Films. Und davon hat man während der 78 Filmminuten eine reiche Auswahl gesehen.

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