Hauke Möller von Pfister Schiess Tropeano & Partner erklärt, welche Rolle das Farbkonzept für die Sanierung gespielt hat. Fotos: Baumuster-Centrale Zürich
Im Auftrag von Kabe Farben

Farbigkeit wie damals

Die Sanierung des Bullingerhofs in Zürich verlangte ein Farbkonzept, das dem historischen Gebäude gerecht wird. Am Brownbag-Lunch zeigten die involvierten Expertinnen und Experten, wie sie vorgegangen sind.

Das vegane Lachssandwich schmeckt nicht nur sehr lecker, die orange Karotte und der grüne Salat leuchten auch bunt aus der braunen Papiertüte, die dem Anlass seinen Namen gibt: Am Brownbag-Lunch in der Schweizer Baumuster-Centrale in Zürich stehen die Farben im Fokus.

Es geht um die Sanierung der städtischen Wohnsiedlung Bullingerhof, 1931 von den Architekten Karl Kündig und Heinrich Oetiker gebaut, die grösste Blockrand-Überbauung in der Stadt Zürich. Sie befindet sich im Inventar der kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte und im Inventar der schützenswerten Gärten und Anlagen von kommunaler Bedeutung. Diesen Frühling wurde die Gesamtinstandsetzung durch das Architekturbüro Pfister Schiess Tropeano & Partner abgeschlossen. Der Brownbag-Lunch widmet sich den Farben von damals und heute. Architekt Hauke Möller, Farbgestalterin Olivia Fontana und Alexander Baumann, Verkaufsleiter beim Farbenhersteller Karl Bubenhofer AG geben Einblicke in den Sanierungsprozess.


Sandwiches am Secondscreen in der gut gefüllten Baumuster-Centrale.

Zuerst zeigt Hauke Möller, wie sich die Situation des Bullingerhofs in Zürichs Stadtentwicklung verändert. 1930 lag er am Stadtrand – mit der erstaunlich vorausschauenden Geste des grossen Innenhofs –, heute ist er Teil der Innenstadt. Die Siedlung entstand in Zeiten grösster Wohnungsnot (sic!) mit geringen finanziellen Mitteln. Es wurde einfach und sparsam gebaut, Verzierungen und Extras gibt es keine. «Das bestimmte unsere Arbeit und machte sie gleichzeitig spannend», meint Möller. Er präsentiert das Material, auf das sich sein Büro für die Sanierung stützte: historische Aufnahmen und Archivbilder, viele davon auch von der ersten Sanierung, die von 1975–79 stattgefunden hat. «Unser Eingriff war minimal», fasst Möller zusammen.


Die Farbgestalterin Olivia Fontana präsentiert ihr Farbkonzept.

Für das Farbkonzept zeichnet die Firma Fontana & Fontana verantwortlich. «Am Anfang tragen wir die Spuren der ursprünglichen Farbigkeit zusammen», erklärt Geschäftsleiterin Olivia Fontana. Diese finden sich überall am Gebäude und auf Archivaufnahmen. Sogar Schwarzweissfotografien können helfen, wenn man deren Helligkeitswert bestimmt. Wie komplex diese Befunde sein können, erklärt Olivia Fontana am Beispiel der Dachuntersicht – hier wurden nicht weniger als sechs Farbschichten entdeckt. «All diese Befunde gilt es zu interpretieren», erklärt Fontana. Denn über die Jahre verändere sich die Farbe, durch die Lichteinstrahlung oder durch Verschmutzung. «Damit diese Interpretation funktioniert, braucht es Fachwissen und Erfahrung.»


«Diese Farben finden Sie in keinem Farbfächer»: Alexander Baumann vom Farbenhersteller Karl Bubenhofer AG

Auf Farbanalyse und -evaluation folgt das Farbkonzept. «Wir präsentieren es in Form eines Entwurfs, damit wir die verschiedenen Farben im Zusammenspiel sehen können.» Das für den Bullingerhof entwickelte Konzept nennt Olivia Fontana «bauzeittypisch». Es sei subtil, schlicht und unterstütze den Rhythmus des Gebäudes. Als nächster Schritt folgt die Bemusterung der ausgewählten Farben an der Fassade. «Wir konnten das 1:1 durchführen, ohne Gerüst, das Schatten wirft, bei unterschiedlichem Wetter und verschiedenen Tageszeiten.»

 

Alle Infos zur Sanierung und zum Farbkonzept sind für das Publikum aufbereitet.

«Wir sind relativ spät dazugekommen», meint Alexander Baumann vom Farbenhersteller Karl Bubenhofer AG im st.gallischen Gossau. Das ‹Lieberfrüher› schwingt mit. Seine Arbeit beginnt nach der Bemusterung, wenn die gewählten Farbtöne freigegeben sind. Bei der Karl Bubenhofer AG werden die Farbtöne im Colorlabor gemessen, rezeptiert und von Hand ausgemischt. Jeder Farbton bekommt eine Musternummer, damit er zu einem später Zeitpunkt präzise reproduziert werden kann. «Diese Farben finden Sie in keinem Farbfächer», hält Baumann fest. Um der Geschichte gerecht zu werden, hätten sie nur anorganische Farbpigmente verwendet. «Sie zeichnen sich durch ihre Wetterfestigkeit aus, sind säure- und alkalibeständig, was vor allem im Zusammenhang mit den neuen, mineralisch verputzten Fassadenflickstellen wichtig war.» Auf den Mischuntergründen des Bullingerhof würden reine Zweikomponentenfarben nicht funktionieren. Mit dem Resultat zeigt sich Baumann zufrieden: «Wir konnten mit dem eingesetzten Produkt sämtliche bauphysikalischen Anforderungen an eine Silikatfarbe erfüllen, die Verschmutzung der eingesetzten Farbe ist gering und bei der Bewitterung baut sich der Anstrich durch die erwünschte Edel-Kreidung über die Jahre perfekt ab.» Der Farbenhersteller denkt auch schon voraus: In einer nächsten Renovation können seine Farben gut überarbeitet werden.


Die Veranstaltung in voller Länge.

close

Kommentare

Kommentar schreiben