Inklusion sollte eine Selbstverständlichkeit sein, findet Redaktorin Deborah Fehlmann.

Pflichterfüllung ist nicht genug

Nach 20 Jahren Behindertengleichstellungsgesetz ist die Welt von Menschen mit Behinderung noch immer voller Hürden. Besteller und Planerinnen müssen umdenken.

Befürworten Sie die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung? Diese Frage würden wohl die Wenigsten mit Nein beantworten. Umso mehr staunt man über das Abstimmungsresultat zur Volksinitiative ‹Gleiche Rechte für Behinderte› aus dem Jahr 2003. Die Initiative verlangte ein verfassungsmässig garantiertes Recht auf einen barrierefreien Zugang zu öffentlichen Bauten und Einrichtungen. Ein Grossteil der Stimmenden fand dieses Anliegen offenbar überflüssig – nur 37,7 Prozent stimmten der Initiative zu. Immerhin trat wenig später, am 1. Januar 2004, das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) in Kraft, das auf das Gleiche abzielt: «Das Gesetz hat zum Zweck, Benachteiligungen zu verhindern, zu verringern oder zu beseitigen, denen Menschen mit Behinderungen ausgesetzt sind», heisst es im ersten Abschnitt. Eine Benachteiligung liege vor, wenn der Zugang beispielsweise zu Gebäuden oder zum öffentlichen Verkehr «für Behinderte aus baulichen Gründen nicht oder nur unter erschwerenden Bedingungen möglich» sei. Das Ziel ist also längst klar. Auch die baulichen Rezepte zur Eliminierung der Barrieren sind hinlänglich bekannt. Die Bilanz nach 20 Jahren BehiG zeigt jedoch: Bei der Umsetzung holpert es vielerorts. Beim Privateigentum fehlen die Hebel Eine beliebte Zielscheibe für mediale Kritik ist die SBB, beispielsweise wegen des Fernverkehr-Doppelstockzugs ‹FV-Dosto›. Das Modell ist seit 2018 im Einsatz. Dass Menschen mit eingeschränkter Mobilität die Eingangsbereiche eigenständig nutzen können, kann die SBB bis heute nicht überzeugend nachweisen. Zudem ist sie mit der Anpassung der Bahnhöfe in Verzug. 434 von 764 Bahnhöfen will sie bis Jahresende umbauen. Laut BehiG müsste der öffentliche Verkehr aber per Anfang 2024 vollständig barrierefrei sein. Dennoch: Im Bahnverkehr hat sich dank Umsetzungspflicht, Fristen und vielleicht auch mithilfe des Medienrummels...
Pflichterfüllung ist nicht genug

Nach 20 Jahren Behindertengleichstellungsgesetz ist die Welt von Menschen mit Behinderung noch immer voller Hürden. Besteller und Planerinnen müssen umdenken.

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