Die Fotografin Hélène Binet vor der zehngeschossigen Betonfassade im Osten von London.

Das zermahlene Paradies

Der Dokumentarfilm ‹Robin Hood Gardens› zeigt die todgeweihten Gebäude der Siedlung im Osten von London – eine Ikone der Nachkriegsmoderne – mit aktuellem und historischem Film- und Bildmaterial.

Bagger reissen eine Siedlung im Osten von London ab. Zur gleichen Zeit stehen Besucherinnen der Architekturbiennale in Venedig vor einem geretteten Fassadenteil derselben. Die Ikone der Nachkriegsmoderne, 1972 fertiggestellt, wird von Intellektuellen gefeiert und zugleich von Investoren dem Erdboden gleichgemacht. Die vom Architektenpaar Alison und Peter Smithson sorgfältig gestalteten Betonfassaden werden zermahlen, die Bäume im grossen Gartenhof gefällt. Der Tragödie letzter Akt nimmt seinen Lauf. Und als wir im Kino den Dokumentarfilm anschauen, existiert ‹Robin Hood Gardens› nicht mehr. ###Media_2### Thomas Beyer und Adrian Dorschner zeigen die todgeweihten Gebäude von ‹Robin Hood Gardens› mit aktuellem und historischem Film- und Bildmaterial. Sie begleiten die Fotografin Hélène Binet bei ihrer Dokumentation der Siedlung und lassen en passant zwei Dutzend Menschen zu Wort kommen: Theoretiker, Historikerinnen, Sohn und Tochter Smithson. Ehemalige Mitarbeitende preisen die Siedlung, während eine Soziologin die vernichtenden Urteile früher Bewohner zitiert. Wie erklärt sich der krasse Gegensatz zwischen den coolen Fotos von spielenden Kindern vor noch frischen Betonstrukturen und den langen Kamerafahrten entlang der Ruine, um die herum sterile Hochhäuser wachsen? Wie wurde die «Demonstration eines angenehmeren Lebensstils» (Peter Smithson) zum «Paradebeispiel gescheiterter guter Absichten» (Charles Jencks)? Die Smithsons wollten menschlicher bauen als ihre Lehrer. Doch auch sie dachten: Architektur kann alles lösen. Die Menschen darin interessierten sie nicht, sie nannten sie «Problemfamilien». Die berühmten ‹Streets in the Sky›, breite und stützenfreie Laubengänge, gaben den Gebäuden ihr markantes Profil, wurden aber von den Bewohnerinnen nie akzeptiert. Der Ort, ehemalige Docklands, stand unter einem schlechten politischen Stern: hohe Arbeitslosig...
Das zermahlene Paradies

Der Dokumentarfilm ‹Robin Hood Gardens› zeigt die todgeweihten Gebäude der Siedlung im Osten von London – eine Ikone der Nachkriegsmoderne – mit aktuellem und historischem Film- und Bildmaterial.

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