Zwischen Stadt und Landschaft: Wohnhäuser von Philipp Brühwiler in Zug. Fotos: © Guido Baselgia

Stadtlandschaften

Der Bildband und die Ausstellung «Metropole Zentralschweiz» blicken zurück auf hundert Jahre BSA-Architektur in der Innerschweiz.

Silbrig spiegelt der Buchumschlag. Doch das auffällige Äussere will die Aufmerksamkeit des Lesers nicht für Hochglanzbilder der neusten Stararchitektur gewinnen. Schon der Titel macht klar, dass es um mehr als das einzelne Haus geht: «Metropole Zentralschweiz» heisst der Bildband, in dem der Bund Schweizer Architekten auf ein Jahrhundert Baukunst im Herzen der Schweiz zurückblickt. Der Fotograf Guido Baselgia hat 82 Bauten von BSA-Architekten zwischen 1915 und 2010 abgelichtet. Es sind unaufgeregte Bilder alltäglicher Bauten: Bürogebäude, Wohnhäuser, Schulen. In schwarzweisser Ruhe dokumentiert Baselgia einen Querschnitt durch die gebaute Innerschweiz. Er rückt dabei nicht die Architektur in den Fokus, sondern die Einbettung in den Kontext. Die Bilder zeigen eine Umgebung zwischen ländlicher Idylle und urbaner Infrastruktur: Schafe weiden auf der Wiese, Obstbäume stehen im Vordergrund, am Horizont ragen die Berge in den Himmel. Auf denselben Bildern stehen aber auch die Autos im Stau, surrt die Hochspannungsleitung und braust die Bahn vorbei. Der Ort mag noch so pittoresk sein, der Asphalt kurvt auf jedem Bild ums Haus. Alle sind sie eingegliedert in ein urbanes Netz, das fein verästelt bis zum letzten Haus am Waldrand führt. Baselgia rückt die ganze Wirklichkeit vor die Linse und zeigt auch das, was Architekten gewöhnlich auf ihren Präsentationsbildern wegschneiden.

Die Initianten Daniel Dickenmann und Albi Nussbaumer richten den Blick geschickt auf die Arbeit der BSA-Architekten und gleichzeitig auf ein städtebauliches Problem. Denn die Bilder feiern nicht Architektur, sie verdeutlichen subtil, wie die Siedlungsfläche sich langsam in die Landschaft frisst. Die Häuser der BSA-Mitglieder sind solide konstruiert, doch damit ist ihre Arbeit nicht getan, findet der Verband. «Die Architekten sollten sich vermehrt in die Raumplanung einmischen», sagt Nussbaumer. Er versteht den Titel des Projektes «Metropole Zentralschweiz» als Aufforderung an die Politiker, den Raum gemeinsam über die Kantonsgrenzen hinaus zu planen. Die Publikation und die gleichnamige Ausstellung in der Kunsthalle Luzern sollen die Diskussion anstossen. Ein Gespräch zwischen Politikern, Architekten und Historikern ergänzt die Bildfolge. Die Experten reden über das Bauen für die Aussicht, den Alpenraum in Panikstimmung und Möglichkeiten des Rückbaus. Der Text ist allerdings langfädig und wird kaum eine neue Diskussion entzünden. Ganz anders die Bilder. Sie bringen die Verletzlichkeit der Landschaft auf den Punkt. Es bleibt zu hoffen, dass das glänzende Cover den Politikern ins Augen springt und sie nach der Lektüre endliche ihre Hausaufgaben machen.

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