«Architektur trotz Energieeffizienz»
An der heutigen BSA Chefbeamtentagung diskutierten rund vier Dutzend Kantonsarchitekten und Stadtbaumeister aus der ganzen Schweiz darüber, wie sich Architektur und Energieeffizienz am besten vereinbaren lassen. Und waren sich weitgehend einig.
Trotz? Selbst beim Bund Schweizer Architekten (BSA), der Instanz für gutes Bauen in diesem Lande, scheint es noch nicht eins zu sein: die gute Architektur und der effiziente Einsatz von Energie. An der heutigen BSA Chefbeamtentagung füllten rund vier Dutzend Kantonsarchitekten und Stadtbaumeister aus der ganzen Schweiz den schönen Saal des Hotel Schweizerhof in Luzern. Das Rednerpult blieb ebenso in männlicher Hand, wie der Saal: BSA-Präsident Paul Knill begrüsste, der Kantonsbaumeister von St. Gallen, Werner Binotto, präsentierte sich als selbstbewusster und sehr gut über das Thema informierter Bauherr, Klima-Ingenieur Werner Waldhauser plädierte für weniger Technik, Christian Hönger für architektonische Klima-Lösungen und Hansruedi Preisig stellte den von ihm konzipierten SIA Effizienzpfad vor. Auf dem abschliessenden, von Architekt Beat Waeber moderierten Podium sass Reto Pfenninger zwischen den Rednern.
Im Prinzip waren sich alle einig. Kein Wunder, fehlte ein Minergie-Vertreter ebenso wie die andere – radikale – Position beim Energieeffizienten Bauen, die Zero-Emissions-Strategie des Hansjürg Leibundgut. Die Punkte der Einigkeit:
1. Minergie hat ausgedient. Das Label hat viel geleistet, war Vorreiter, kann aber heute nicht mehr Allheilmittel sein. Binotto überraschte mit der Feststellung, die ersten Minergie-Bauten müssten nun 10 bis 15 Jahre früher saniert werden, als angenommen. Und: Häuser aus den Achtzigerjahren hielten länger und bräuchten weniger Energie!
2. Zero-Emissions-LowEx, also die Energieversorgung eines Gebäudes mittels komplex gesteuerter Fotovoltaik, Wärmepumpe und Erdspeicher, kann es auch nicht sein. Technik allein wird’s nicht richten, so der Tenor. Das Null-Energie-Haus gibt es nicht, denn die Betriebsenergie eines Gebäudes (Raumklima und Warmwasser) ist in einer Gesamtbetrachtung viel weniger relevant, als immer dargestellt.
3. Der SIA-Energieeffizienzpfad, der den Architekten ein Werkzeug an die Hand gibt, das 2000-Watt-Ziel zu erreichen, wurde allseits gelobt. Er schreibt nicht die Mittel vor, sondern formuliert nur das Ziel. Und er bezieht die Erstellung eines Gebäudes (also die Graue Energie) und die Mobilität (also den Standort) mit ein – was die anderen Sichtweisen nicht tun. (Lediglich die Lebenszykluskosten und die Nutzung fehlten noch dem SIA-Blick zur Seeligkeit, so ein Einwurf.)
«Warum schreibt ihr Minergie-P-Eco vor, obwohl wir Architekten das doch falsch finden?» fragte Pfenninger die Herren Chefbeamten. Und die antworteten: Wirklich im Gesetz festgeschrieben sei das nur im Thurgau. Woanders gäbe es nur Empfehlungen. Aber auch der Zwang der Politiker, ein solches Label zu fordern. Aufklärungsarbeit sei hier vonnöten. Ködert eure Politiker damit, ein Thema als erste besetzen zu können! Aber auch die BSA-Architekten mussten einstecken. Freilich ohne es wirklich zu merken. Werner Binotto: «Den Architekten traut man nicht mehr zu, dass sie das Thema beherrschen.» Schweigend nickende Architekten.
Wie also lässt sich Architektur und Energieeffizienz am besten vereinbaren? Mit möglichst wenig Technik, so die viel vertretene Lösung. Und mit einer engen Zusammenarbeit von Architekt und Klimaplaner.