In Litomyšl fand die Postmoderne nicht statt. Dafür aber eine sorgfältig aus den Gegebenheiten des Vorhandenen entwickelte Vernunftmoderne. Ihr ist das Buch gewidmet.

Zum Beispiel Litomyšl

Böhmen ist ein von Stadtjuwelen besetztes unbekanntes Land. Dort haben einige Kleinstädte die Moderne überlebt. Der Stillstand sorgte für die Erhaltung, so auch in Litomyšl.

«Es gibt aber die Städte, Plätze, Gassen Italiens, Frankreichs, Böhmens, Polens. Das sind noch nicht Petrefakte. Sie reden keine toten Sprachen. Sie werden lediglich nicht mehr gelehrt, vernommen und verstanden.» Das schrieb mein Übervater, der Stadtbaugeschichtler Paul Hofer, 1979. Schon damals horchte ich auf: Böhmens? Damals eine unerreichbare Gegend, nur ein Bilderbuch «Les belles heures des villes tchécoslovaques» gekauft 1990 in Leningrad, weil es keine anderen Bücher gab, zeigte, was Hofer gemeint hatte: Die gut erhaltenen Kleinstädte mit rechteckigen Stadtplätzen, eingefasst von bunten, barocken Typenhäusern, mittendrin die mächtige Stadtkirche, darüber das Schloss. Eine dieser Städte taucht nun wieder auf: Litomyšl .  Eine böhmische Landstadt ohne besondere Karriere. Seit dem 10. Jahrhundert entstanden Burg, Kirche, Kloster, Stadtrecht 1259, Burg wird Renaissanceschloss, der Bildungsorden der Piaristen sorgt ab 1640 für ein wachsendes tschechisches Bewusstsein, die Eisenbahn fährt 1851 an der Stadt vorbei, die Industrie wächst anderswo. «Fortan galt die hier herrschende Leidenschaft der Bildung, Musik und Kunst» (Vorwort). Übersetzung: Eine von Bildungsbürgern geprägte Kleinstadt. Der Kaiser in Wien ist ein ferner, ehrenwerter Mann. Das landesübliche Unglück folgt: Zwei Weltkriege, die Nazis, der stalinistische Satellitenstaat: «Der Hausbesitz am Marktplatz wurde verstaatlicht, die Piaristenkirche verfiel, die Synagogen musste Plattenbauten weichen, die verkehrsgerechte Ortsdurchfahrt riss eine grosse Wunde.» Litomyšl wurde grau und langweilig. Die Zeit stand still, die Lebensuhren liefen weiter.  Dann nach 1989 der grosse Aufbruch. Ein neuer Bürgermeister und seine Nachfolger wollten aus grau bunt machen, eine hartnäckige Stadtarchitektin war «die Polizistin des öffentlichen Raums», kurz die Stadt erwachte und erinnerte sich an i...
Zum Beispiel Litomyšl

Böhmen ist ein von Stadtjuwelen besetztes unbekanntes Land. Dort haben einige Kleinstädte die Moderne überlebt. Der Stillstand sorgte für die Erhaltung, so auch in Litomyšl.

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