Visualisierung einer zukünftigen Katastrophe
In ihrer Diplomarbeit an der ZHdK hat Elena Kaeser eine 3-D-Animation eines potenziellen Bergsturzes entwickelt. Damit will sie die Konsequenzen von alpinen Naturkatastrophen erlebbar machen.
Dein Diplomprojekt in ‹Knowledge Visualization› dreht sich um ein Bergdrama – kannst du uns eine kurze Zusammenfassung geben?
Elena Kaeser: Es kommt heutzutage in den Alpen vermehrt zu Naturkatastrophen wie Bergstürzen, Überschwemmungen oder Lawinen. Für die lokale Bevölkerung oder für Touristen stellen sie eine Gefahr dar. Oberhalb von Kandersteg befindet sich eine Formation, genannt ‹Spitze Stei›, wo der Felshang instabil ist. Das ist ein aktuelles Beispiel für eine potenzielle alpine Naturgefahr. Mit einer 3-D-Animation habe ich eines von mehreren möglichen Bergsturzszenarien visualisiert.
Welche Art von Recherche hast du durchgeführt, um ein realistisches Szenario zu erstellen?
Die Forschungsergebnisse des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) bilden die Grundlage für mein Projekt. Die Forschenden überwachen mit modernster Technologie das gefährdete Gebiet und erstellen wissenschaftliche Daten dazu. Durch ihre Messungen haben sie verschiedene Szenarien entwickelt. Diese beschreiben, welche Folgen verschiedene Steinmassen bei einem Abbruch für das Dorf Kandersteg haben können. Für meine Arbeit habe ich ein Szenario gewählt, das eine mögliche Eintrittswahrscheinlichkeit aufweist und für die Dorfbewohner:innen spürbare Konsequenzen hätte.
Welche Botschaft möchtest du mit deiner Visualisierung vermitteln?
Mit meiner Animation möchte ich in erster Linie das Bewusstsein für solche Ereignisse schärfen. Sie soll nicht belehren, aber informieren, sensibilisieren und die Konsequenzen aufzeigen. Ich erwarte keine konkrete Handlungsänderung von den Rezipient:innen.
Welche Rolle spielt die Visualisierung in der Kommunikation von Naturgefahren und warum hast du dich für dieses Medium entschieden?
Die 3-D-Animation erlaubt das Erleben einer noch nicht eingetroffenen Katastrophe. Durch die Immersion – das Eintauchen in die Bilder – ist man mitten im Ereignis. Zudem habe ich mit Hilfe von 3-D-Druck ein Geländemodell erstellt und es während der Diplomausstellung neben der Animation ausgestellt. Zusammen entstand ein stark an die Realität angelehntes und inszeniertes Erlebnis für die Betrachter:innen. Die Übersetzung der Daten in eine populärwissenschaftliche Visualisierung wie eine Animation ist heutzutage sicher eine gefragte Möglichkeit, um ein komplexes Szenario einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Das Format erlaubt es, die Information auf den digitalen Medien breit zu streuen und viele Menschen zu erreichen.
Wie lange hast du an deiner Visualisierung gearbeitet?
Eine Animation ist zeitaufwendig. Die praktische Bachelorphase dauerte vier Monate.
Möchtest du dein Diplomprojekt weiterentwickeln?
Ich habe bereits Fördergelder beim ‹Junior Research in Design›-Programm der ZHdK beantragt und diese auch bekommen. Nun arbeite ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Designforschung, um die Arbeit weiterzuführen. Wahrscheinlich werde ich das Bergsturzszenario als Virtual-Reality-Experience aufbereiten. Dies würde mir auch ermöglichen, die beiden Medienerlebnisse - Video versus VR - miteinander zu vergleichen.
Warst du auch schon vor Ort in Kandersteg und hast du den ‹Spitze Stei› gesehen?
Ja, der Touristen-Hotspot ist zu Fuss erreichbar. Ein grosser Teil des Geländes wurde jedoch zum Schutz der Menschen zum Sperrgebiet erklärt. Immer wieder hört man Geröll den Berg herunterrollen. Das war beeindruckend.
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