Eine mögliche Antwort auf die «dynamisch projizierte Wildnis» liegt in einer adaptiven Schrumpf-Strategie bis 2050.

Reduce to reuse

Die drastischen Veränderungen im Alpenraum erfordern eine Neubetrachtung alpiner Hüttenarchitektur. Der Architekturstudent Raphael Sommer erkundete mögliche Strategien am Beispiel der Schreckhornhütte.

Die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen sind im alpinen Raum in extremer Weise ablesbar. Nicht nur die Gletscherschmelze, sondern auch der auftauende Permafrost, vermehrte Steinschläge und Murgänge sowie die steigende Vegetationsgrenze und neue Seenbildungen manifestieren den dynamischen Prozess, der die alpine Landschaft heute und künftig in dramatischer Geschwindigkeit verändert. Eine neue Ästhetik entsteht.

Die alpine Hüttenarchitektur ist von diesem Transformationsprozess sowie dem sich im Wandel befindlichen Bergsport direkt betroffen und bedarf eine ebenso präzise Betrachtung wie der Landschaftsraum. Aufbauend auf den Untersuchungen des Studios Vogt/Kissling der ETH und in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Alpenclub SAC wurden im Rahmen des Master-Projektateliers «Zukunftsbilder Alpen – Perspektiven SAC-Hütten 2050» der Berner Fachchochschule BFH mögliche Strategien untersucht und geschärft.

Steigende Temperaturen verändern den Alpenraum stark und lassen eine neue Ästhetik entstehen. Dieser Transformationsprozess betrifft auch die Hüttenarchitektur.

Das Projekt «Reduce to reuse» zeigt am Beispiel der Schreckhornhütte SAC oberhalb von Grindelwald prototypisch auf, welche transformativen Antworten die Hütte auf die „dynamisch projizierte Wildnis“ liefern kann - oder muss. Das Projekt umreisst eine mögliche Perspektive und eine adaptive Schrumpf-Strategie der Hütte für 2050: Die Schreckhornhütte muss multidimensional schrumpfen, um dem anhaltenden Prozess der Verwilderung gerecht zu werden: keine Bewartung mehr, weniger Übernachtungen, räumliche Schrumpfung und keine Helikopterflüge mehr!

Unter dem Leitgedanken der lokalen Wiederverwendung von Baumaterialien – einer uralten Tradition – kann die Hütte zukunftsfähig transformiert werden. Mit den vorhandenen Ressourcen wird ökonomisch auf die neuen Bedürfnisse reagiert, aktiv gestaltet und konstruktiv sorgfältig neu gefügt. Der Schrumpfprozess wird auf allen Ebenen thematisiert und subtil sichtbar gemacht. Mit der neuen Ästhetik der Landschaft entsteht also auch ein neuer Ausdruck der Hütte selbst, die Altes und Neues vielschichtig zu einem Ganzen fügt.

Lokale Wiederverwertung von Bauteilen ist keine neue Gewohnheit, sondern hat Tradition.

Bereits zu Beginn des Projekts stand die Intention der räumlichen Schrumpfung als Gegenthese zur etablierten Strategie des Weiterbauens von SAC-Hütten. Erst durch die Entwicklung des Projekts auf den Gedanken der lokalen Wiederverwendung zu gelangen, war für mich als Student überraschend und lehrreich zugleich.

 

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