Teil des Entwurfsprozesses war die Interaktion mit aus Silikon geformten Händen und die Beobachtung, wie diese von Menschen angefasst und welche Gefühle dabei ausgelöst werden. (Foto: ANAJA)

Hände, die sich zurückholen, was ihnen zusteht

In ihrer Thesis-Arbeit ist die Modedesignerin Anaja der Frage nachgegangen, wie sie von aussen wahrgenommen wird. Mit ihren Entwürfen thematisiert sie das Ausbrechen aus Zuschreibungen.

In meiner Thesis-Arbeit ‹Shiva and Krishna would not approve of that, glad they’re not speaking to me› im Studiengang Mode-Design an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel bin ich der Frage nachgegangen, wie ich von aussen wahrgenommen werde. Der Titel der Arbeit entstand aufgrund einer Bierbestellung: Ein Mitstudierender wies mich darauf hin, dass meine Religion Alkohol doch eigentlich verurteile – «Meine Religion?», fragte ich mich.

Meine Motivation bestand also nicht primär darin, einfach Mode herzustellen. Es geht mir um einen nachhaltigen Umgang mit komplexen Kontexten und der Möglichkeit, diese durch mein Modeschaffen zu kommunizieren.
 

Eine zentrale Rolle in den Entwürfen nimmt die Platzierung von Händen am Körper ein. (Foto: ANAJA)

ETHNICITY OVER TALENT. / I’VE HEARD ALL THE PROMISES. HERE I’M ALONE. / AGAIN. / TRY TO FIND THE LETTERS. TYPING ... / LONELINESS, SEARCHING. EVIDENCE.


In den Entwürfen wird sowohl das Ausbrechen aus dem Körper wie auch der Griff nach dem, was mir zusteht, thematisiert. (Foto: ANAJA)

Der Welt, in der ich mich zurzeit bewege, stehe ich ambivalent gegenüber. Viele Dinge sind im Wandel, sowohl zum Guten als auch zum Schlechten. Auf dem oberflächlichen Spielplatz der Diversität kann ich mich frei bewegen. Mir ist sehr bewusst, welche Knöpfe ich drücken kann, auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt – und das ist genau das Problem! Ich bediene mich nicht an dem vermeintlichen Wissen der Gesellschaft. Vielmehr spiele ich mit verinnerlichten Ismen einer hegemonialen Kultur, durch die wir alle geprägt sind.

Und genau auf solche Vorurteile reagiere ich in meiner Kollektion. Meine Entwürfe wurden von meinem Umfeld inspiriert. Sie sollen die Betrachtenden dazu verleiten, sich selbst kritisch zu reflektieren und in einen Dialog zu treten.


Teil des Entwurfsprozesses war die Interaktion mit aus Silikon geformten Händen und die Beobachtung, wie diese von Menschen angefasst und welche Gefühle dabei ausgelöst werden. (Foto: ANAJA)
 
HANDS. / FORCING, PROTECTING. / SOIL EXPLORATION. / SOMETHING TO ADD TO THEIR COLLECTION. HANDS. / COVERING WHAT’S DEAR TO THEM. / FIGHT AGAINST OPPRESSION. / HEAR ‘EM!


Ein Look, der mit der 3-D-Software CLO entworfen wurde, mit der ichräumlich unbegrenzt gestalten– und von dort wieder zurück an den Körper zu gehen kann. (Foto: ANAJA)

UNDRESS THE TRUTH EVEN THOUGH THERE IS NOTHING TO TELL. THE TRUTH I CANNOT SPEAK TO THOSE EARS HEARING ME. / HOW DOES MY VOICE SHALLOW THE ROOM, NOT FROM HERE. DRESSED UP, FIERCE MOVING NOT KNOWN TO THE EYES THAT HAVE THE PRIVILEGE TO HAVE BUILT THIS ROOM. / THE ROOM THAT HAS A CERTAIN VIEW, THE VIEW THAT DEFINES MY DO.


Der Einsatz von Händen in meinen Entwürfen thematisiert ein Ausbrechen aus Zuschreibungen. Die Hand ist mein Werkzeug, um vermeintlich ethnisch inspirierte Silhouetten aufzubrechen. Es ist meine Hand, die vom Körper wegbricht, ausbricht und sich das zurückholt, was ihr zusteht!


Die Hand-Tasche (Foto: Nelly Rodriguez)

Mode ist wie eine zweite Haut am Körper, eine Schale, eine Zuschreibung. Mode ist politisch. Mode ist oberflächlich. Meine Mode soll patriarchale Strukturen aufbrechen, dadurch, dass sie eben nicht als Oberfläche gesehen wird.


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