Luigi Snozzi im Lehrcanapé. Fotos: zVg

Snozzis Hoffnung

«Ich habe keine Hoffnung mehr für die Welt und für die Architektur», sagte ETH-Professor Luigi Snozzi anlässlich seines 80. Geburtstags. Die Studenten machten sich auf die Suche nach der verlorenen Zuversicht.

«Ich habe keine Hoffnung mehr. Keine Hoffnung für die Welt und für die Architektur. Hier ist ein Professor, der sagt, er ist froh alt zu sein und er will davon laufen von dieser Welt.» Diese Aussage Luigi Snozzis bei der Podiumsdiskussion im vergangenen Herbst zu Ehren Snozzis 80. und Ernst Gisels 90. Geburtstag musste eine Reaktion provozieren. Tatsächlich kann ich mich nicht erinnern, dass in den vier, fünf Jahren, in denen ich hier an der ETH Zürich schon Architektur studiere, eine Aussage eines Professors jemals so viel Wirbel gemacht hat. Unter uns Studierenden wurden Snozzis Worte rege und heftig diskutiert – im trans-Magazin wurde gar eine vollständige Mitschrift der Podiumsdiskussion publiziert –und sie schienen einen wunden Punkt getroffen zu haben. In einem Zustand der wirtschaftlichen Prosperität innerhalb der Schweiz und dem gleichzeitig drohenden Auseinanderbrechen Europas und der Welt um sie herum hätten wir Studierenden gerade von jemandem wie Snozzi ein wenig mehr Orientierung erwartet. Stattdessen verunsicherte Luigi Snozzi uns durch seine Äusserungen umso stärker.
Architekturstudenten des zweiten Jahres luden daraufhin Luigi Snozzi zum sogenannten Lehrcanapé mit dem Titel «Snozzis Hoffnung» ein, um den Verursacher der Unruhen direkt mit ihren Fragen zu konfrontieren. Das Lehrcanapé ist nebenbei bemerkt eine Tradition, die auf den Stadtsoziologen Lucius Burckhardt zurückgeht und die Professor Philip Ursprung im Rahmen seiner Vorlesung vor zwei Jahren wieder aufleben liess. Das Prinzip des Lehrcanapés ist, dass Studenten Gäste einladen, um mit ihnen Themen und Fragestellungen zu diskutieren. Die Wahl der Gäste und Themen, auch die Organisation und Vorbereitung des Gesprächs bis zur Durchführung und Moderation geschieht dabei selbstständig und liegt ganz in der Verantwortung der Studenten. Offen gestanden habe ich so eine Form des Studierens an der ETH zuvor noch nicht erlebt. Als Student im 9. Semester war ich zum ersten Mal bei einem Lehrcanapé live dabei, weil ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen wollte, Luigi Snozzi ein weiteres Mal zu sehen und zu hören. Ich war total verblüfft hier Studenten anzutreffen, die sich zu Wort meldeten und nicht, wie ich es meist erlebe, sich nicht trauen oder nicht dazu ermutigt werden, dem Professor Fragen zu stellen.

Wo ist also «Snozzis Hoffnung» geblieben? Wo ist die Hoffnung eines Architekten geblieben, der noch in einem Artikel in der «Archithese» Max Frisch mit den Worten zitierte: «Ein Aufruf zur Hoffnung ist ein Aufruf zum Widerstand!» Luigi Snozzi spricht von einer Krise, die «alles» einschliesst. Sein Pessimismus ist, wie er selbst sagt, durch die direkte Erfahrung der schwierigen Lage in Italien geprägt. Doch ist für ihn die Krise ein globales Problem, dem sich auch die Schweiz auf lange Sicht nicht entziehen könne. So vage seine Aussagen bleiben, und so gerne man hier mehr von Snozzi erfahren hätte, so symptomatisch scheint es für diese Krise zu sein, dass sie umfassend und unbegreifbar ist. Doch was dem stets kühnen und unerschrockenen Luigi Snozzi die Hoffnung nimmt, fordert am Ende der Veranstaltung die Studierenden zur Aussage heraus: «Eigentlich gibt es keine aufregendere Zeit Architektur zu studieren.»

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Kommentare

hane fischer 29.03.2013 16:11
....ist das denn wirklich im Sinne von Aldo oder Dolf ?!?...
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