Im Atelier werden erste Funktionsprototypen getestet. Fotos: Project Circleg

Beinprothesen aus Kunststoffabfällen

Zwei Designstudenten der Zürcher Hochschule der Künste wollen in Kenia Low-cost-Beinprothesen produzieren. Ihr Projekt zeigen sie an der Diplomausstellung nächste Woche.

Geschätzte 2000 Tonnen Abfall landen jeden Tag auf der Deponie Dandora ausserhalb von Nairobi, ein Grossteil davon ist Kunststoff. Gleichzeitig führen die schlechte medizinische Versorgung und viele Verkehrsunfälle in Kenia zu einer grossen Nachfrage nach Beinprothesen. Zwei Studierende der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) wollen die Plastikabfälle nutzen, um vor Ort Prothesen zu produzieren. «An den günstigen Beinprothesen, die in Kenia aktuell erhältlich sind, gibt es viel zu verbessern», sagt Fabian Engel. «Den Prothesen fehlt zum Beispiel ein Kniegelenk, sodass die Menschen sie abnehmen müssen, um die weit verbreitete Hocktoilette zu benutzen.» Sein Projektpartner Simon Oschwald ergänzt: «Die erhältlichen Prothesen sind sehr schwer und können nicht repariert werden.»

«Wir haben das Produkt auf die Bedürfnisse der Benutzerinnen und Benutzer in Kenia und auf die dort vorhandenen Materialien und Produktionsmöglichkeiten ausgerichtet», erklärt Oschwald. Bei Gesprächen mit Experten des IKRK, der EMPA und der Orthopädie eigneten sich die Designer das nötige Wissen an. Alle angefragten Organisationen hätten sehr positiv reagiert: «Wir waren überrascht, wie breitwillig sich die Fachleute Zeit für uns genommen haben.»

«Eine Low-cost-Prothese muss mit geringen finanziellen Mitteln die grösstmögliche Funktionalität erreichen», erklärt Fabian Engel. In ihrem System können alle Verbrauchsteile ausgetauscht sowie Gelenke und Farbe individuell angepasst werden. Die Materialien wollen die beiden Absolventen nicht wie in Kenia üblich aus Indien importieren, sondern mit Hilfe lokaler Unternehmen Plastikabfälle wiederverwerten. Die Kunststoffe werden durch Wärme verformt und für eine höhere Stabilität mit vor Ort vorhandenen Sisal-Fasern verstärkt.

Noch haben Engel und Oschwald ihr Businessmodell nicht bis ins Letzte durchdacht. Sie stellen sich  dezentralen Hubs vor, an denen die Beinprothesen gemietet werden können. Das Modell soll selbsttragend sein und von Menschen vor Ort umgesetzt werden. An der Diplomausstellung der ZHdK präsentieren die beiden Industriedesigner den Besucherinnen und -besuchern einen 1:1-Prototyp ihres Bachelor-Projekts. Engel und Oschwald sind mit verschiedenen Stiftungen im Gespräch, um ihr Projekt nach Studienabschluss weiter voranzutreiben.

close

Kommentare

wie jetzt ? 01.06.2018 15:10
Kniegelenk ? Sieht eher aus als würde das Fussgelenk fehlen.
Kommentar schreiben