Im Bürohaus Hortus in Allschwil wird ein Teil der Infrastruktur gemeinsam genutzt, von den möblierten Kaffeezonen bis zum Co-Working-Restaurant. Das senkt den Flächenverbrauch und die Mietkosten.
Die Mieterinnen des Geschäftshauses Hortus werden beim Bezug 2025 auf eine Bürowelt treffen, wie man sie sich vor zehn Jahren noch kaum vorstellen konnte. Eine Welt, in der ein eigener Schreibtisch für jeden infrage gestellt wird, Büroarbeit überall erledigt werden kann, öde Grossraumbüros niemanden mehr anlocken; eine Welt, in der kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ganz andere Ansprüche bezüglich Ausbaustandard und Dienstleistungsangebot haben. Eine Bürowelt schliesslich, die während der Covid-Pandemie auf den Kopf gestellt wurde.
Die Pandemie machte das Arbeiten zu Hause zum Normalfall, die Angestellten kamen auf den Geschmack von Homeoffice, die Chefs merkten, dass die Arbeit auch daheim erledigt wird und sich dadurch erst noch teure Bürofläche einsparen lässt. Viele Beschäftigte – gemäss Erhebungen des Beratungsunternehmens Wüest Partner aus Zürich vor allem diejenigen mit Arbeitsplätzen in Grossraumbüros – arbeiten auch nach Ende der Pandemie teilweise zu Hause. Damit eröffneten sich neue Chancen, aber auch neue Herausforderungen für die Gestaltung der Büroarbeitsplätze und der benötigten Flächen.
«Die Kombination aus Teilzeitarbeit, Homeoffice und Desk-Sharing kann den Flächenbedarf auf die Hälfte reduzieren», sagt Julia Selberherr, Partnerin bei Wüest Partner. Die Flächen müssen zudem anderen Ansprüchen genügen als bis anhin. «Um die Mitarbeitenden ins Büro zu locken, braucht es attraktive Räume, die mehr bieten als der Arbeitsplatz zu Hause», sagt Gaby Senn. Die Interior Designerin und Verkaufsleiterin hat das Hortus-Konzept bei Senn Development in St. Gallen mitentwickelt. Damit die Arbeit im Büro attraktiv ist, braucht es nach ihren Beobachtungen Räume für den Austausch im Team und die Pflege sozialer Kontakte, aber auch eine angenehme Atmosphäre und eine Infrastruktur, die über eine schnöde Teeküche hinausgeht.
Die Unternehmen wiederum wollen die Kosten für Arbeitsplätze tief halten und sich nicht zu lange vertraglich binden. «Kleinere und mittlere Unternehmen suchen ausserdem oft Büros, die hohe Anforderungen an die Nachhaltigkeit erfüllen», sagt Julia Selberherr. Das zeigen Erhebungen des Beratungsunternehmens, in denen die Nachhaltigkeit bei den Anforderungen den dritten Platz belegt hinter der Qualität der Büroarbeitsplätze und der Nähe zum ÖV.
Volle Konzentration aufs Kerngeschäft
Das Team von Senn hat deshalb bei Hortus nicht nur grossen Wert auf die Nachhaltigkeit gelegt, sondern auch ein Nutzungskonzept entwickelt, das eine massgeschneiderte Antwort auf die neuen Herausforderungen in der Bürowelt liefert. «Wir haben uns beim Ausbaustandard an Mietwohnungen orientiert und bezüglich Nutzungskonzept die Vorteile von Coworking-Räumen und klassischen Büroflächen kombiniert – quasi das Beste von allem», sagt Johannes Eisenhut, Geschäftsführer von Senn Development.
Trotz der Verwandtschaft mit bestehenden Coworking-Angeboten, wie sie etwa in den vergangenen Jahren in Zürich entstanden sind, unterscheidet sich das Hortus-Konzept deutlich: Das Angebot richtet sich nicht an Kleinstfirmen oder Einzelpersonen, sondern an KMU, die eigene Räume benötigen und einen Flächenbedarf von 200 bis 2000 Quadratmetern haben.
Das Hortus-Konzept funktioniert so: Die Mietflächen werden komplett ausgebaut inklusive Beleuchtung, Schallschutz sowie Trennwänden und lassen sich analog zu klassischen Bürogebäuden nach Mieterwunsch konfigurieren. Die Büroflächenmieter müssen wie bei einer Mietwohnung nur eigene Möbel und Geräte mitbringen. So können sie rasch einziehen und loslegen. Das ist genau das, was der Markt verlangt: «KMU konzentrieren sich lieber auf ihr Kerngeschäft als auf den Ausbau von Büroflächen», sagt Julia Selberherr.
Dazu passt, dass im Hortus auch ausserhalb der eigenen Bürofläche bereits alles vorhanden ist, was Firmen brauchen – ähnlich wie bei Coworking-Spaces: Auf jedem der fünf Geschosse sind zwei ausgebaute und möblierte Kaffeezonen sowie Boxen für ruhiges Arbeiten oder Telefonieren angeordnet, die sich die Mietparteien teilen. «Die Reinigung ist im Preis eingeschlossen, den Rest – etwa den Einkauf von Kaffee – organisieren die Mieter selbst», sagt Gaby Senn.
Von den Entwicklern selbst getestet
Das Angebot im Hortus reicht noch weiter: Das Herzstück bildet das Erdgeschoss mit einem Restaurant und unterschiedlich grossen Sitzungsräumen, die zugemietet werden können. Der Gastrobetrieb bietet nicht nur Verpflegung, sondern darf auch zum Arbeiten oder für Sitzungen genutzt werden. Ein Teil der Fläche verfügt zudem über Nischen, die ein Stück Privatsphäre bieten. «Die freie Nutzung der Restaurantfläche – ohne Konsumationspflicht – ist explizit Teil des Mietvertrags», sagt Johannes Eisenhut.
Die Idee dahinter: Dank der Flächen im Erdgeschoss, der Sitzungszimmer und der Kaffeezonen können die Mieter ihre eigenen Flächen minimal halten. «In der Regel genügt es im Hortus, Arbeitsplätze für die durchschnittliche Belegung von 70 bis 80 Prozent bereitzustellen», sagt Eisenhut. «Sind doch einmal alle da, kann man in die allgemeinen Bereiche ausweichen.»
Eine Lösung, die dank der hohen Flächeneffizienz nicht nur ins Nachhaltigkeitskonzept des Hortus passt, sondern auch das Budget der Mieterschaft schont. «Unsere Berechnungen zeigen, dass die Kosten pro Mitarbeiter tiefer sind als bei vergleichbaren Bürogebäuden – obwohl wir mehr Infrastruktur bieten», sagt Gaby Senn. So bezahlt ein Unternehmen mit 160 Mitarbeitenden im Hortus gemäss Berechnungen von Senn rund 6467 Franken pro Person und Jahr. In einem klassischen Bürobau wären es 7010 Franken.
Durch die gemeinsam genutzte Infrastruktur und die Begegnungsmöglichkeiten in den Kaffeebereichen oder im Restaurant bietet Hortus auch Möglichkeiten zur Vernetzung. Diese steht – im Gegensatz etwa zu den Flächen in den Switzerland Innovation Parks – aber nicht im Zentrum des Konzepts. «Das Hortus eignet sich grundsätzlich für alle Branchen, die in Allschwil Büroflächen suchen und affin für neue Nutzungsmodelle sind», sagt Eisenhut. Nicht gedacht sind die Räume hingegen für die Produktion wie bei anderen Projekten von Senn, etwa dem ‹Noerd› in Zürich Oerlikon oder dem ‹Mach› auf dem Koch-Areal in Zürich.
Die tieferen Kosten, das spezielle Konzept und die angestrebte Nachhaltigkeit machen das Hortus zu einer Neuheit. Doch lassen sich künftige Nutzerinnen und Nutzer davon überzeugen? «Wir haben festgestellt, dass es mehr Erklärungen braucht, um die Idee verständlich zu machen, als bei klassischen Büros», sagt Eisenhut. Das wohl überzeugendste Argument dürfte die eigene Erfahrung des Teams von Senn Development sein. Ihr Anfang 2020 bezogener Hauptsitz in St. Gallen funktioniert nach demselben Konzept wie das Hortus-Gebäude. Die Zahl der Büroarbeitsplätze ist kleiner als diejenige der Mitarbeitenden. Als Ausweichstandorte stehen eine Kaffeeecke, ein Sofabereich und Nischen im hauseigenen Restaurant zur Verfügung. «Das Konzept hat sich bewährt und die Arbeitsumgebung ist so attraktiv, dass wir gerne hier sind», sagt Gaby Senn.