Das Areal der ehemaligen Porzellanfabrik Langenthal. (Foto:zVg)

Wie weiter auf dem «Porzi»-Areal?

Im Areal der früheren Porzellanfabrik in Langenthal haben sich inzwischen fast 75 Betriebe und Ateliers niedergelassen. Sie sind mit der Testplanung der Eigentümer gar nicht einverstanden.

Die Gemeinde Langenthal sieht im Areal der ehemaligen Porzellanfabrik (im Volksmund «Porzi» genannt) ein Entwicklungsgebiet «von grosser Bedeutung» und ein Subzentrum. Gleichzeitig soll «die Identität des Areals und das industrie-, kultur- und bauhistorische Erbe» erhalten bleiben. Ab 1906 wurden die Gebäude der Porzellanfabrik von Architekt Hector Egger errichtet. Jahrzehntelang entwickelte sich hier ein blühender Betrieb und es entstanden immer neue Betriebsteile, allerdings ohne städtebauliche Klarheit. Ab 1995 wurde die Produktion nach Tschechien verlegt und die Räume werden heute von rund 75 unterschiedlichen Mietern genutzt – bei moderaten Mietzinsen. Weil die Gebäude aber kaum mehr unterhalten wurden sind viele in schlechtem Zustand. Zwei – die Ofenhalle und die Direktorenvilla – sind denkmalgeschützt.

2017 kaufte Stephan Anliker – bis vor kurzem GC-Präsident – mit seiner Ducksch-Anliker-Gruppe den grössten Teil des Areals und startete in Absprache mit der Stadt eine Testplanung. Die heutigen Mieter waren von Anfang an skeptisch. Sie konnten mit einer Vertretung bei den Diskussionen zwar zuhören, mitentscheiden war aber nicht möglich. Als die Testplanung Anfang dieses Jahres vorgestellt wurde, löste sie beim Verein Porziareal, in dem auch viele aktuelle Mieter Mitglied sind, Diskussionen aus. Die Planung zeigte die Möglichkeit einer gemischten Nutzung mit bis zu fünf Hochhäusern mit 30 bis 45 Metern, mit bis zu 250 Wohnungen und Parkgaragen mit bis zu 700 Parkplätzen. Angesichts des hohen Leerwohnungsbestandes stellt der Verein diese Nutzungsvision in Frage und er weist darauf hin, dass in Langenthal die Gewerbeflächen knapp sind.

Inzwischen liegt ein Gegenentwurf zur Testplanung vor: «So gieng's ou» – so ginge es auch, heisst das Konzept. In Zusammenarbeit mit der Basler Architektin Barbara Buser schlägt der Verein vor, den Zeitzeugen Porzi in Etappen und nur sanft zu renovieren. Auch mit diesem Konzept –  wurde an einer Veranstaltung Ende März gezeigt – liesse sich eine ansehnliche Rendite von über 5 Prozent erreichen. Der Verein rechnet dabei mit einem Investitionsvolumen von knapp 42 Millionen und durchschnittlichen Mietpreisen von 100 Franken pro Quadratmeter und Jahr. Vorbilder für ein solches Konzept seien das Hanro-Areal in Liestal, der Lagerplatz Winterthur, das Walzwerk in Münchenstein oder das Gundeldingerfeld in Basel.

Die Stadt Langenthal steht dieweil zwischen den Fronten. SP-Standpräsident Reto Müller bedauert vor allem, dass bisher kein echter Dialog zwischen Investor und Nutzern zustande kam. Er macht allerdings klar, dass zuerst die Bevölkerung am Zug ist und über die Umzonung abstimmen muss. Vorher bewillige die Stadt weder Abbrüche noch Neubauten auf dem Porziareal. Dies war auch seine Antwort auf die Ankündigung der Anliker-Gruppe, man plane erste Abbrüche, damit der BLS Bahnhof Langenthal-Süd verlegt und neu gebaut werden könne.

Während Investor und Kritiker auch medial via die je eigene Internetseite und eigene Facebook-Accounts streiten, verleiht der Heimatschutz – auch wegen der Testplanung über das Porzi-Areal – der Stadt Langenthal den diesjährigen Wakkerpreis. Damit werden die Belebung der Innenstadt und die Planungen ausgezeichnet. Der Verein Porziareal hat dafür nur wenig Verständnis. Ein Preis für den Planungsprozess seien Vorschusslorbeeren und es sei fraglich, ob in ein paar Jahren das Porziareal noch Wakkerpreis-würdig sein werde, kommentiert Vereins-Vorstand Roland Isenschmid.

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