East Mile

Transzendentale Meditation

Andreas Lori lässt den Leser eintauchen in die Welt des Einkaufszentrums. Nicht aus der Sicht der Konsumentin, auch nicht aus der Sicht der Architekten, sondern er erzählt aus dem Blickwinkel des frisch diplomierten Comiczeichners Andreas Lori, der nach dem Studium zwei Jahre Teilzeit an der Kasse arbeitete.

Mit dem Pilotcomic «East Mile» verarbeitet Lori die Erfahrung, die ihm den Berufseinstieg in die Welt der Comics ermöglichen sollte. Geschickt verwebt er Autobiografisches und Fiktion. East Mile heisst der Konsumtempel (in Anlehnung an Westside), den die beiden Stararchitekten Walter Fürst und Claude Herren (der eine mit Brille, Glatze und schwarzem Rollkragenpulli, der andere mit gewelltem Haar) entworfen haben. Der Bau, kantig und zackig, ist auf der grünen Wiese entstanden. Die Praktikantin stellt fest, dass der Pausenraum vergessen wurde – und schon sind wir mitten drin. Sowohl der Arbeitsplatz als auch die Arbeitsbedingungen legen dem Kassierer transzendentale Meditation nahe. So scheidet sich der Geist vom Körper – die einzige Methode, um die Arbeitszeit, die «träge fliesst wie Melasse», anspruchsvolle Kunden, abgelöschte Kollegen und öde Kassenseminare zu überleben. Am Schluss erreicht der Kassierer, der uns ans Herz wächst, die Stufe «luzides Kassieren» und wird zum Mitarbeiter des Monats gewählt. Die perfekte Trennung von Körper und Geist führt ihn schliesslich nach Indien, woher die Postkarte stammt, mit der er am Schluss der Geschichte kündigt und damit den Filialleiter ins Elend stürzt. Rundum eine wunderbar beobachtete und gezeichnete Geschichte.

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Kommentare

Pierre Corpataux 02.06.2016 16:07
Hat Andreas Lori tatsächlich diese Technik der Transzendentalen Meditation während längerer Zeit ausgeübt?
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