In der Glutz-Manufaktur entsteht allerlei Schönes aus Metall. Auch Kuhglocken.
Im Auftrag von Glutz

Bitte anfassen!

Am Brownbag-Lunch in der Baumuster-Centrale Zürich stellte die Firma Glutz ihre Manufaktur vor. Dort entstehen kleine Kunstwerke zum Drücken, Drehen und Ziehen. Zum Beispiel der ‹Schadau-Drücker›.

Wenn die Baumuster-Centrale Zürich unter dem Titel «Schlossgeschichte, greifbar» zum Brownbag-Lunch einlädt, geht es nicht um Gespenster oder Ritter, sondern um Kunsthandwerk. Zu Gast ist heute die Firma Glutz, die vor allem für ihre Beschläge und Schlösser bekannt ist, wie Objekt- und Fachberater Marco Süss gleich zu Beginn sagt. Gekommen sind er und sein Kollege Florian Kaufmann heute aber, um die hauseigene Manufaktur vorzustellen. Ein veritables Schloss mit Spitztürmen und Prunksälen werden die zahlreichen Zuschauerinnen, die bereits auf ihren Sandwiches kauen, auch noch zu sehen bekommen. Doch eins nach dem anderen.

Zum Auftakt gibt Marco Süss einen Überblick über das Sortiment der Firma, die in neuerer Zeit als Systemanbieter auftritt – also nebst Beschlägen, Bändern und Schlössern auch eigene Schliess- und Zutrittssysteme führt. Wichtig sei Glutz die Durchgängigkeit ihrer neun Produktfamilien, betont Süss, denn die erleichtere den Architekten die Planung. Gemeint ist damit die Möglichkeit, sämtliche Türen und Fenster eines Gebäudes mit Komponenten aus der gleichen Linie zu bestücken, selbst in Kombination mit einem elektronischen Zutrittssystem oder Mobile Access.

 

Objekt- und Fachberater Marco Süss stellt das Standardsortiment von Glutz vor.

 

Wer im Standardsortiment von Glutz nicht fündig wird, kann in Zusammenarbeit mit der Manufaktur eine individuelle Lösung entwickeln – wie es beispielsweise Suter + Partner Architekten bei der Sanierung und Umnutzung des Schloss Schadau in Thun taten. Projektleiter Marc Blaser übernimmt das Mikrofon und stellt das Projekt vor.

Das historistische Schloss am Thunersee wurde um 1850 als private Sommerresidenz erbaut und gehört seit 1925 der Stadt Thun. Im Fokus der jüngsten Sanierung standen die Innenräume. «Die Fassade war mehrmals saniert worden und befand sich in sehr gutem Zustand», erzählt Blaser. Im Erdgeschoss erneuerten Suter + Partner das Restaurant und bauten eine Tagesküche ein. In den Obergeschossen schufen sie Gästezimmer und Seminarräume. Der Kücheneinbau, neue Nasszellen und ein Lift erforderten grössere Eingriffe. Davon abgesehen standen die Auffrischung und Reparatur der prunkvollen Räume und ihrer Ausstattung im Zentrum der Arbeiten. Was unrettbar beschädigt oder verloren war, wurde nach historischem Vorbild erneuert. So auch die Türdrücker und Oliven, die vielerorts fehlten. «Wir haben viele Kataloge gewälzt und Muster bestellt, konnten aber nichts Passendes finden», erzählt der Architekt. Ein Besuch in der Glutz-Manufaktur führte schliesslich zur Lösung in Form des ‹Schadau-Drückers›. Der eigens für das Objekt entwickelte Drücker folgt bauzeitlichen Vorbildern. Im Bereich der Hotelzimmer besitzt er eine edle Holzhülse, im Backoffice kam die goldschimmernde Metallversion zum Einsatz.

 

Architekt Marc Blaser führt durch das opulente Schloss Schadau.

 

Zum Schluss führt Manufaktur-Leiter Florian Kaufmann durch die Produktionsräume in Solothurn – zumindest auf der Leinwand. Die Reise beginnt auf dem «Modellboden», wo 12'000 historische Objekte lagern, von Fenster-, Tür- und Möbelbeschlägen über Gürtelschnallen bis hin zu einer kleinen Kanone. «Um einen historischen Drücker herzustellen, braucht man immer erst ein Modell», erklärt Kaufmann. Solche Modelle lassen sich aber auch herstellen, etwa aus Kunststoff, Lehm oder Holz.

Ist das gewünschte Modell gefunden, geht es weiter in die Formerei. In Handarbeit wird dort die Gussform, ein Negativ aus dicht gepresstem Sand, erstellt. In der Giesserei schmelzen jeweils zwei Mitarbeitende das zu verwendende Metall – Glutz arbeitet mit Messing und Bronze – im bis zu 1400 Grad heissen Tiegel und giessen es in die Form. In der mechanischen Werkstatt schliesslich, wird der Rohguss ausgerichtet, geschliffen und erhält seine Oberfläche.

 

Und so wird's gemacht: Florian Kaufmann nimmt das Publikum mit in die Giesserei.

 

Kaufmann beschliesst die Reise durch die Welt des Metallgusses mit einigen seiner Schaustücke. Dazu gehören die von Herzog & de Meuron entworfenen Türdrücker aus brüniertem Messing für das Stadtcasino Basel und der bronzene Türgriff in Form eines Eselkopfes für das Kunsthaus Zürich, aber auch diverse Kunstobjekte und – auch das nehmen die Zuschauerinnen aus diesen lehrreichen 45 Minuten mit nach Hause – etwa 360 Kuhglocken im Jahr.

Wirklich greifbar wird die Schlossgeschichte aber erst nach dem offiziellen Veranstaltungsschluss: Auf dem Modelltisch warten bereits allerlei Gussstücke, Modelle und Gussformen darauf, von einem mit Wissen und Essen gesättigten Publikum befühlt zu werden.

 

Endlich etwas zum Anfassen! Der Muster-Tisch erfreut sich einmal mehr grosser Beliebtheit.

Der Fertigungsprozess verläuft in der Manufaktur noch immer so, wie vor 200 Jahren.

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