‹Dissecting Love› thematisiert den Tod einer queeren Beziehung und deren Hürden.

Autopsie einer queeren Beziehung

Im Computerspiel ‹Dissecting Love› sezieren Spieler:innen eine vergangene Liebesbeziehung. Noe Arnold, Game Design-Diplomand an der ZHdK, erklärt sein Projekt im Campus-Beitrag.

Was erwartet mich als Spieler:in, wenn ich in das Game einsteige?
Noe Arnold*: Mit einem voyeuristischen Blick können die Spieler:innen die intime Geschichte eines Paares erforschen, indem sie ihre Körperteile sezieren. Je nachdem, in welches Körperteil sie schneiden, geht die Geschichte anders voran. Die emotionale Komplexität von Beziehungen wird so immersiv erlebbar.

Was hat dich dazu inspiriert, eine Autopsie als Spielvorgang zu wählen?
Ich habe mit der Vorgehensweise ‹Procedural Rethoric› gearbeitet. Dabei wird eine Botschaft durch einen Prozess vermittelt. Eine virtuelle Autopsie eignet sich gut, um die emotionalen Schichten einer Liebe zu entwirren. Das Spiel kann nicht die Beziehung zum Leben erwecken, aber der:die Spieler:in kann aus der toten Beziehung lernen, sich reflektieren und hoffentlich weiterentwickeln. So entsteht eine interaktive Erfahrung, die ‹Dissecting Love› von traditionellen narrativen Games unterscheidet.

Wie hast du die Spielmechanik gestaltet, um die Emotionen und die Erinnerungen der Spielenden zu beeinflussen?
Tendenziell ist es ein eher unangenehmes Gefühl, sich der Vergangenheit zu stellen. Daher wollte ich beim Sezieren mit den Instrumenten das Gefühl «es grusst mich es bizzeli» – es gruselt mich ein bisschen – wiedergeben. Dabei spielt der Sound eine wichtige Rolle.


Die Spieler:in folgt den Dialogen eines Paares.

Ein bisschen gruseln soll es, meint Game Designer Noe Arnold.

Im Spiel gibt es verschiedene Enden zu entdecken, die durch die Spielart beeinflusst werden.

Warum hast du für dein Spiel eine queere Liebesbeziehung gewählt?
Ich wollte queeren Beziehungen mehr Sichtbarkeit und ihrer Komplexität mehr Legitimität verschaffen. In Mainstream-Spielen werden sie oft marginalisiert. Es gibt nicht viele Angebote im Gaming-Bereich, die von queeren Geschichten handeln.

Wieso nicht?
Wie man Charaktere in Games darstellt, ist ein heftig diskutiertes Thema in der Game-Branche. Sie ist immer noch von Männern dominiert und sexistisch eingestellt. Die Indie-Szene stellt eine Gegenbewegung dar, dort bewege ich mich mit ‹Dissecting Love›.

Wie hast du die queere Perspektive in das Spiel integriert?
Meine eigenen Erfahrungen sind eingeflossen, aber ich habe auch mit vielen Menschen in meinem Umfeld geredet. Ich habe versucht rauszufinden, was die Schwierigkeiten und Herausforderungen von queeren Personen in Beziehungen sind. Das ist mitunter sehr individuell und es war schwierig, die Monologe so gestalten, dass sie für alle Personen zugänglich sind. Ich wollte vermeiden, die queere Erfahrung als Monolith wiedergeben.

Du bezeichnest dich selbst als untypischen Gamer. Was macht Game Design für dich spannend?
Mich fasziniert, wie Spiele konzipiert sind. Das Medium hat viel Potenzial, um heikle Themen bei einem jungen Publikum zu platzieren. Es bietet eine passende Plattform, um gesellschaftliche Normen oder Regeln zu hinterfragen, ohne dass man die Spielenden direkt ansprechen muss. Gerade bei politischen Themen würden diese Menschen in einem Gespräch vielleicht abblocken, durch das Spiel wenden sie sich dem Thema eher zu.

Trotzdem keine einfache Aufgabe. Was waren die grössten Herausforderungen bei der Entwicklung?
Die Monologe so zu verfassen, dass die Spielenden nicht abspringen. Zudem habe ich alle Körperteile als 3-D-Modelle erstellt, Screenshots gemacht und die als Referenzen für meine Zeichnungen benutzt. Sehr aufwändig, aber so entstand mein Art-Style.

Musstest du dir dafür auf Youtube Videos von Autopsien anschauen?
Zum Glück nicht. Leute, die mein Game spielen, haben selbst nicht wirklich an einer Autopsie teilgenommen, daher muss es nicht völlig authentisch sein.


Video des Gameplays von ‹Dissecting Love›



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