Aussenaufnahme Haus Am Horn nach der Sanierung, 2011. (Foto: Christoph Petras, Copyright: Bauhaus Kooperation Berlin Dessau Weimar)
Im Auftrag von Klassik Stiftung Weimar

Jahrzehnte eines Hauses

Die Eröffnung des neuen Weimarer Bauhaus Museums im April 2019 wird ein Höhepunkt im 100. Jubiläumsjahr der Bauhausgründung. Das Haus am Horn gilt als erstes Bauhaus-Projekt und ist saniert zu sehen.

Ein gut 40m² großer Mittelraum, erhellt nur durch ein Oberlicht, an diesen gefügt mehrere kaum 10m² grosse Räume, von denen einige nur direkt über die Mitte des Hauses erschlossen werden können. Innovativ und funktional nannten die Bauhäusler rund um Entwurfsverfasser Georg Muche das. Künftige Nutzer legten hingegen oft Hand am Haus an, um das Wohnen und Leben darin zu verbessern. Den Maler und Grafiker Muche hatte Walter Gropius 1920 ans ein Jahr zuvor in Weimar gegründete Bauhaus berufen. Bereits vier Jahre nach der Gründung der Schule verlangte das Land Thüringen eine Präsentation und Werkschau über das bisher Erreichte. Dieser Auftrag des Geldgebers nötigte Gropius dazu, unter grossem Zeitdruck eine Ausstellung vorzubereiten, die an unterschiedlichen Orten in Weimar stattfand.

Eigens für die Ausstellung sollte auch das Neue Bauen präsentiert werden: Im Haus Am Horn würden alle Bauhaus-Werkstätten gemeinsam vertreten sein. Der Entwurf für das Musterhaus stammte dabei nicht von Gropius, wie damals wohl viele erwartet hätten. Nach Besprechungen mit Studierenden und Kollegen wurde ein Entwurf von Georg Muche, dem jüngsten Bauhaus-Meister zu der Zeit und wie schon erwähnt kein Architekt, gewählt. Das Grundstück für das Projekt hatte das Bauhaus bereits früher von der Stadt bekommen, bislang pflanzte die Kantine der Schule hier Gemüse an. Nahe Ilmpark und Wald sollten dem Versuchshaus später eine gesamte Bauhaus-Siedlung sowie die Schule folgen. Innerhalb von nur vier Monaten wurde das Haus errichtet, ausgestattet mit Teppichen, Möbeln, Geräten und Details wie Fenstergriffen und Türklinken der Bauhaus-Werkstätten.

Georg Muche, Walter Gropius: Baugesuch für das Haus Am Horn, Entwurfsplan, 1923. (Copyright: Klassik Stiftung Weimar)

Nach der Ausstellung scheiterte der Bauunternehmer Adolf Sommerfeld, der das Gebäude finanziert hatte, an dem Weiterverkauf des Hauses. Als die Interessenten ausblieben, erhielt er als Kompensation sämtliche Möbel aus dem Haus. Erst ein Jahr später fand sich ein Käufer, der das Haus sogleich umbauen liess. Auch über die weiteren Jahrzehnte veränderten sich das Innere und Äussere des Baus immer wieder. Erweitert, geöffnet zur Umgebung und überstrichen gelangte es erst Anfang der 1990er-Jahre in die Obhut des Freundeskreises der Bauhaus-Uni, wurde rekonstruiert und zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt. Der Freundeskreis nutzte das Gebäude als offenes Haus, liess Stipendiaten hier wohnen und zeigte Ausstellungen. 2017 übernahm schliesslich die Klassik Stiftung Weimar das Gebäude und leitete die aktuelle Sanierung ein.

Im Rahmen des Jubiläumsjahres soll das Haus Am Horn wieder so erlebbar sein, wie es zur Entstehungszeit war. Farbuntersuchungen in den 1990er-Jahren hatten bereits gezeigt, dass die Wände ursprünglich in hellen Gelbtönen und hellem Olivgrün gehalten waren. Diese Farbschichten werden nun erneuert. Vom ursprünglichen Mobiliar hingegen sind meist nur Fotografien erhalten – abgesehen vom Toilettentisch der Dame und dem Wohnzimmerschrank wurden keine Möbel wiedergefunden. Doch auch diese beiden Objekte gibt es nicht mehr ganz original, wie Anke Blümm von der Klassik Stiftung Weimar berichtet: «Beide Möbel fand man umgebaut, teilweise waren sie verkleinert worden. Ein Team aus Restauratoren unter der Leitung des Architekten Gerhard Oschmann hat sie anhand von alten Unterlagen ergänzt und wiederhergestellt.» Die Originalmöbel werden jedoch nicht im Haus Am Horn zu sehen sein, denn sie befinden sich heute in der Stiftung Bauhaus Dessau. «Im Haus Am Horn planen wir, zwei Rekonstruktionen zu zeigen, die dasselbe Team bauen wird», erklärt Blümm. «Es geht uns jedoch nicht um eine komplette Rückführung auf den Zustand von 1923, vielmehr planen wir einen umfassenden Media-Guide zu den Ausstellungen, der das Haus in all seinen Facetten beleuchten soll.» Dank der Bauhaus-Alben, in denen die gesamte Arbeit des Bauhauses dokumentiert ist und die sich heute in der Bauhaus-Universität befinden, ist immerhin eine Grossteil der Ausstattung nachvollziehbar.

Kommendes Jahr werden Besucherinnen und Besucher wieder das Gebäude sowie dessen Nutzungs- und Sanierungsgeschichte erleben können. Im Bauhaus Museum wird gleichzeitig der Neue Alltag präsentiert, der mit neuen Techniken, der neuen Rolle der Frau und neuen Materialien in den 1920er-Jahren Einzug hielt – und damit wiederum eine Brücke zum Haus Am Horn geschlagen.

Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen des Werkplatzes Schweiz.

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