Das Bürogebäude steht auf dem Suurstoffi-Areal in Risch-Rotkreuz. Fotos: Bernhard Strauss
Im Auftrag von ERNE AG Holzbau

Höhenrekord

Auf dem Suurstoffi-Areal bauten ERNE AG Holzbau und Burkard Meyer Architekten das erste Holzhochaus der Schweiz. Möglich machte dies ein Bausystem, welches das Potential der Vorfertigung ausreizt.

Auf dem Suurstoffi-Areal in Risch-Rotkreuz steht ein Gebäude, das die Grenzen des Holzbaus verschiebt. Der Bürobau ist mit 10 Geschossen und 36 Metern das erste Hochhaus aus Holz der Schweiz. Im Studienauftrag hatte die Bauherrin Zug Estates das Material Holz nicht vorgeschrieben. Burkard Meyer Architekten konnten die Jury aber überzeugen, da sie zusammen mit Erne Holzbau ein Bausystem entwickelt hatten, das es in sich hat. Es kostet ähnlich viel wie ein Massivbau, spart Zeit, ist gut fürs Klima und es schafft angenehme Räume. «Dank der frühen Zusammenarbeit konnten die Architekten den Entwurf auf das System abstimmen», erklärt Patrick Suter, Mitglied der Geschäftsleitung bei ERNE AG Holzbau. «Dies erlaubte, die Planung zu optimieren, die Gewerke eng zu verzahnen und den Bauablauf zu beschleunigen.»

Der Alu-Fassade sieht man den Höhenrekord nicht an. Dahinter aber wird das Holz spürbar. Über dem Erdgeschoss aus Beton steht der Holzbau wie auf einem Tisch. In der Mitte tragen die beiden Betonkerne, die gleichzeitig mit der Holzkonstruktion in die Höhe wuchsen, um Ungenauigkeiten besser auszugleichen und Zeit zu sparen: alle zehn Tage ein Geschoss. Diese Verzahnung war möglich, weil Erne als Holzbauingenieur, Systementwickler und Unternehmer die Fäden in der Hand hielt und auch den Bau der Betonkerne verantwortete. «Am Ende haben wir mit denselben Kränen und zum Teil haben dieselben Leute Holzbauelemente montiert und Kerne betoniert», erklärt Patrick Suter. «Ein konventioneller Bauablauf hätte doppelt so lange gedauert.»

Rund um die Kerne gliedern Stützen und Unterzüge aus Baubuche den Raum kräftig. Das Furnierschichtholz ist besonders tragfähig und ermöglicht einen bürotypischen Stützenraster. So können die 1600 Quadratmeter Mietfläche pro Geschoss nach Belieben unterteilt werden. In der Fassade, wo die Lasten kleiner und die Abstände enger sind, verwenden die Architekten weiss lasiertes Brettschichtholz aus Fichte und Tanne. Die verschiedenen Hölzer unterstreichen das räumliche Konzept: innen schwer und aussen hell. Rund um die Kerne verlaufen die Installationen offen, am Rand sind die Deckenfelder verkleidet.

Die Mieter bauen das Gebäude nach ihren Wünschen aus. Doch schon der Grundausbau sieht aus, als wären die Räume fast fertig. Die Decken, die Fassade und die Stützen prägen die Büros markant. Möglich machen diesen Fertigrohbau die Vorfertigung und die Brandschutznormen, die 2015 überarbeitet wurden. Holz darf seither auch über 30 Meter tragen – und zwar sichtbar. Die Stützen sind auf Abbrand dimensioniert, das heisst: Sie sind dicker als statisch nötig, so dass sie auch noch tragen, wenn die äussern Zentimeter verkohlen. Alles Holz, das man sieht, trägt. Nur die Verkleidung der Brüstung gehört nicht zum Rohbau, darunter sorgen Gipsfaserplatten für den nötigen Brandwiderstand. Sprinkler in der Decke und ein Rauchmeldesystem tun ihr übriges für die Feuersicherheit.

Die ERNE AG Holzbau entwickelte zusammen mit den Architekten ein integrales Deckensystem.

Integrales Deckensystem
Holz und Beton spielen im Gebäude zusammen, auch in der Decke. Erne Holzbau entwickelte als technischer Entwicklungspartner mit den Architekten eine Holz-Beton-Verbundkonstruktion namens «SupraFloor®», die die Vorteile der beiden Materialien kombiniert. 14 Zentimeter Beton nehmen die Druckkräfte auf, dämpfen den Trittschall, besorgt den Brandschutz und wirken als thermische Speichermasse. «Das Gebäude funktioniert thermisch wie ein Massivbau – trotz abgehängter Decke», so Patrick Suter. Im Hohlraum zwischen den Unterzügen aus Holz ist Platz für die Technik. Hier verlaufen die Leitungen für Wärme und Kälte, hier strömt die Frischluft ein. Fein gelochte Abdeckungen aus Metall verbessern die Akustik und integrieren Sprinkler und Lampen.

Die Deckenelemente, die 3 auf 5.75 Meter messen, machen den Holzbau konkurrenzfähig, weil sie viele Funktionen vereinen. Erne Holzbau fertigte die Elemente komplett im Werk vor: Vom Betonieren bis zur Haustechnik. Das erhöht die Präzision und das spart Zeit, sagt Suter. «Wir konnten die Bauphase gegenüber einem Massivbau um vier Monate reduzieren.» Die Vorfertigung bedeutete, dass die Architekten das ganze Haus auf einmal planen mussten. Dank Building Information Modeling konnten sie die Details früh mit Erne Holzbau koordinieren, die das 3D-Modell als Basis für die ganze Planung nutzten. «Architektur, Konstruktion und Technik sind bei diesem Bürohaus so dicht miteinander verwoben, dass sie sich kaum entflechten lassen», sagt Suter.

Das Bürogebäude ist erst der Anfang. Auf dem Areal entsteht derzeit ein zweites Hochhaus aus Holz, das ab 2019 60 Meter in den Himmel ragen wird. Es basiert ebenfalls auf dem gleichen Deckensystem von Erne als Grundelement. Die Firma hat derweil schon grössere Pläne für Holzhochhäuser, die bis zu 100 Meter weit in den Himmel ragen. Möglich dank einem Bausystem, das die Vorteile der Vorfabrikation mit Holz und Beton auf die Spitze treibt.

Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz.

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