Villa Wiesental vor 100 Jahren.

Zu wenig hochwertige Architekturbüros in St.Gallen?

Das «St.Galler Tagblatt» berichtet heute über den Protest der örtlichen Architekten, denn zum Wettbewerb für das Areal der Villa Wiesenta wurden sie nicht eingeladen.

Das «St.Galler Tagblatt» berichtet heute über den Protest der örtlichen Architekten, denn zum Wettbewerb für das Areal der Villa Wiesental, in der Nachbarschaft der bekannten Lokremise, wurden sie nicht eingeladen. Wüest & Partner organisiert dort den Wettbewerb im Auftrag der Liegenschaftsbesitzerin Swisscanto und des Generalunternehmens HRS. Es gebe in der Region eben «zu wenig hochwertige Büros» hatte sich Martin Hofer von Wüest & Partner zuvor in der Zeitung zitieren lassen. Gleichzeitig kämpft ein Verein für die Erhaltung der Villa aus dem 19. Jahrhundert.  

Weitere Meldungen:

- Die «NZZ» berichtet über den geplanten Stadtteil Bülach Nord, der auf dem Areal der ehemaligen Glashütte und der Bülachguss entstehen soll. Bis anhin ist kaum Kritik gegen die Milliarden-Planung des 100'000 Quadratmeter grossen Areals eingegangen.


- Der «Tages-Anzeiger» berichtet über «Fahrspuren und Parkplätze», die politischen Kampfzonen der 80er-Jahre, die heute keinen Streit mehr wert sind, denn die Stadtzüricher fahren heute «ohnehin kaum noch mit dem Auto in die Innenstadt».


- «24heures» berichtet anhand von mehreren gescheiterten Projekten über den Widerstand, der langsam gegen den Ausbau und die Erneuerung von grossen Gewerbemärkten im Waadtland entsteht.

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Kommentare

Gallus Hufenus 31.05.2012 13:03
Die Reaktion von Martin Hofer, dem Verwaltungsratspräsidenten von Wüest & Partner, auf die rund 5'000 Unterschriften unter der Petition «Rettet die Villa Wiesental» ist ein Affront. Hofer macht die Unterschriften lächerlich. Er betont mehrmals, es gehe hier um die Wirtschaftlichkeit – letztlich also um Spekulation. Die Besitzerin des Grundstücks ist die Anlagestiftung Swisscanto – eine Tochter der Kantonalbanken. Ihr gehört auch das benachbarte Geschäftshaus St.Leonhard. Zudem hat Swisscanto als Kantonalbanken-Tochter eine gesellschaftliche Verantwortung. Eine inakzeptable Verdrehung der Wirklichkeit und Angstmacherei ist Martin Hofers Aussage im Tagblatt, ein Abbruchverbot für die Villa Wiesental käme einer materiellen Enteignung gleich. Swisscanto erwarb das Haus 2006 im vollen Wissen um den Entscheid des Verwaltungsgerichts: Die Villa Wiesental darf nur dann abgebrochen werden, wenn bei der Interessenabwägung zugunsten eines Neubaus entschieden wird. Die jetzige Grundeigentümerin, Swisscanto, der potentielle Käufer, das Generalunternehmen HRS und das Planungsbüro Wüst & Partner kannten diesen Sachverhalt von Anfang an genau. Auch wenn sich Martin Hofer von Wüest & Partner über die Petition hinwegsetzt, haben die Unterschriften bereits einiges bewirkt: Ohne politischen und öffentlichen Druck hätte Swisscanto die Villa so lange verlottern lassen, bis sie unrettbar geworden wäre. Und dank des massiven Widerstands des Vereins und der Bevölkerung ist jetzt klar: Damit überhaupt noch eine ernst zu nehmende Interessenabwägung zwischen Villa und und Neubau gemacht werden kann, muss mindestens ein spektakulärer, hochkarätiger Bau mit internationaler Ausstrahlung hervorgezaubert werden. Doch wenn ein Projekt mit der Auslastung/Wirtschaftlichkeit begründet wird, ist wenig zu erwarten. Verdichtung ist richtig und gute zeitgenössische Architektur ist toll! Nur geht es hier unter diesem Deckmantel letztlich nur um Gier und Spekulation -auf Kosten der Kultur.
Peter Müller 30.05.2012 11:23
Jeder Architekt weiss doch langsam Bescheid, was mit einem "hochwertigen Neubauprojekt" gemeint ist, wenn ein "führender Schweizer Asset Manager und Fondsanbieter" (Eigenwerbung Swisscanto) als Bauherr mit einem GU wie HRS zusammenspannt (Ein Blick auf die Referenzen von HRS erhellt). Wenn dann noch vernebelnd von einem 'hohen Haus' die Rede ist, besteht Grund genug zur Annahme, dass da im Zuge des gegenwärtigen Baubooms noch möglichst viel Rendite aus dem Areal gepresst werden sollen, hoch"wertig" eben. Mit guter Architektur hat das ganze selten viel zu tun, die "hochwertigen" Büros taugen einfach besser zur Vermarktung als sperrige unbekannte kleine.
René Hornung 30.05.2012 10:06
Wüest & Partner betonen, es seien auch zwei Büros aus St.Gallen eingeladen worden. Das trifft auf Thomas Kai Keller zu, doch das Büro Baumschlager Eberle als «St.Galler Architekten» zu bezeichnen, ist wohl doch etwas weit hergeholt. Die Vorarlberger sind längst international tätig, mit Büros in Zürich, Vaduz, Berlin, Wien, Hongkong, Hanoi – und tatsächlich auch in St.Gallen.
Martin V. Müller 30.05.2012 09:22
Sind wir eine geschlossene oder eine offene Gesellschaft? Solche Wettbewerbe sollten grundsätzlich nur offen ausgeschrieben werden und zwar nach den Standesregeln des SIA. Wie wollen wir sonst verhindern, dass ein uniformer Architekturstil in Form eines elitären Neokubismus weiter um sich greift? Wir sollten öfters die Bauherrenkompetenz in Frage stellen. Projekt- und Zieldefinitionen müssen öffentlich gemacht werden. Konzeptdenken ist gefragt sonst produzieren wir einen Leuchtturmpark Schweiz und keine architektonisch wertvolle Raumentwicklung.
Martin Hofer 29.05.2012 23:10
Lesen sollte man können! Wie mitgeteilt an und geschrieben vom St. Galler Tagblatt: Von 8 eingeladenen Büros sind zwei aus St. Gallen dabei. Ausschliesslich (8) einheimische Architekten einzuladen, würde in der Tat mit der Forderung des Verwaltungsgerichtes (und des Hochbauamtes der Stadt St. Gallen), «ein sehr hochwertiges Neubauprojekt» vorzulegen, kollidieren.
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