Das Podium: Architekt Ingemar Vollenweider, Projektleiter Thomas Waltert, Moderator Gaudenz Wacker, Anwohnerin Tonja Zürcher und Projektmitverfasser Philippe Cabane Fotos: Daniel Spehr

«Rheinhattan» wirft Wellen

Basel plant auf dem Hafenareal im Norden der Stadt einen neuen, trinationalen Stadtteil. Die Podiumsveranstaltung «Stadtgespräch» brachte am Montagabend Pro- und Contra-Parteien zusammen.

Basel plant auf dem Hafenareal im Norden der Stadt einen neuen, trinationalen Stadtteil: Ein Hochhausquartier mit Wohnraum und Arbeitsplätzen für 20 000 Menschen, angesiedelt auf der Klybeckinsel, die dafür verlängert werden soll. «Rheinhattan» tauften die Medien das Grossvorhaben, das Hoffnungen, aber auch Ängste weckt. Kritiker befürchten Gigantismus und kapitalistische Auswüchse an den Ufern des Rheins. Die Befürworter hingegen sehen die Entwicklungsmöglichkeiten, die das grenzüberschreitende Projekt der Region Basel eröffnet. Die Podiumsveranstaltung «Stadtgespräch», vom Regionaljournal Basel und der Volkshochschule beider Basel organisiert, brachte am Montagabend Pro- und Contra-Parteien im Hotel Les Trois Rois zusammen.

Wem gehört die Stadt?

Die Gegner des Projekts waren unter den 200 Zuhörerinnen und Zuhörer, die den Belle Epoque-Saal füllten, gut zu hören: Mit Schreien, Rufen und Handy-Lärmeinlagen verunmöglichten sie den pünktlichen Beginn der Veranstaltung; die Live-Übertragung auf DRS4News wurde für eine Viertelstunde unterbrochen. Die Rufer kritisierten, mit dem Projekt würde die ansässige Bevölkerung vertrieben und undemokratisch Entscheide getroffen. Die Themen des von Regionaljournal-Redaktor Gaudenz Wacker moderierten vierköpfigen Podiums waren somit gegeben.
Unter den drei Männern in der Runde herrschte Einigkeit, dass Basel mit der Strategie, auf der Insel verdichtet zu bauen, richtig fahre. Philippe Cabane, Städteplaner und Mitverfasser des Projekts und der grenzübergreifenden «Entwicklungsvision 3Land», konnte Gentrifizierungstendenzen jedoch nicht abstreiten: «Die Verdrängung der Bevölkerung an die Peripherie ist eine Tatsache.» Der Basler Architekt Ingemar Vollenweider, Professor für Stadtbaukunst und Entwerfen an der TU Kaiserslautern, wies darauf hin, dass sich eine Stadt naturgemäss verändere, «die Frage ist, wem die Stadt gehört», wer also bei diesen Prozessen mitreden dürfe. Tonja Zürcher, Anwohnerin im Kleinhüningerquartier und aktiv in der Gegenbewegung IG Greenhattan sowie Vertreterin der Begleitgruppe Hafenentwicklung, jedenfalls beansprucht mehr Mitspracherecht, als ihr bisher zugestanden wurde: «Die Begleitgruppe Hafenentwicklung wurde zu wenig in die Erarbeitung des Projekts einbezogen, wir wurden lediglich über Tatsachen informiert.»

Fehlende Sensibilität

Thomas Waltert, Projektleiter von 3Land, Arealentwicklung und Nutzungsplanung beim Bau- und Verkehrsdepartement Basel-Stadt, versuchte eine Annäherung: «Wir haben eine intensive Phase vor uns. In den nächsten zwei bis drei Jahren wird die Bevölkerung intensiv einbezogen.» Ausserdem stehe die Prüfung des Projekts durch das Kantonsparlament noch bevor.
Das Publikum jedoch zweifelte die nötige Sensibilität der Verantwortlichen an, das Projekt bedürfnisgerecht aufzugleisen. Architekt Vollenweider pochte auf mehr Vertrauen: «In den 60er- und 70er-Jahren wurde vieles einfach abgerissen und hingebaut. Heute wissen wir um unsere Verantwortung, etwas zu planen und zu bauen, das den Bedürfnissen der Bevölkerung entspricht.» Das Brodeln unter der Oberfläche war im Publikum deutlich zu spüren. Mit seiner Einschätzung, dass intensive Zeiten auf ihn zukommen, lag Projektleiter Waltert wohl richtig.

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Kommentare

Flury Christian (am Hafenbecken I) 27.11.2012 23:36
EIN Bild prägt die Diskussion > Hochhäuser - wo bleiben die Alternativen? Vollenweider kennt die Bedürfnisse der Bevölkerung - wie arrogant! Ein interessantes Thema hat eindeutig das richtige Personal noch nicht gefunden. Der Basler Rheinhafen als ein Teil der gesamten Rheinufergestaltung müsste für 'Hochparterre' ein ähnlich bedeutsames Thema von nationaler Bedeutung sein wie 'Dübendorf' oder 'Glatt'. Bitte dranbleiben.
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