Tomas Kral

Spieglein, Spieglein:

Das tschechische Kollektiv Okolo widmet sich dem wohl magischsten Einrichtungsstück, das in unseren Wohnungen steht: dem Spiegel. Die Ausstellung «Zrcadlo/ The Mirror» findet im Rahmen der Prague Design and Fashion Week statt.

«Der Schöpfer des Spiegels hat die menschliche Seele vergiftet», schreibt Fernando Pessoa in seinem Buch der Unruhe. «Zu unserer Besserung bedürfen wir eines Spiegels», konstatiert dagegen Arthur Schopenhauer in seinen Aphorismen zur Lebensweisheit. Sobald es um Spiegel geht, meint jeder eine grundsätzliche Wertung abgeben zu müssen: Gut oder böse. Notwendig oder überflüssig. Täuschend oder wahr. Kein anderes Einrichtungsstück ist symbolisch so aufgeladen wie der Spiegel. Der Stuhl zum Beispiel: Ist einer, bleibt einer; das Konzept Stuhl zweifelt niemand an, nur dessen Umsetzung steht Wertungen und Interpretationen offen.
Was an Spiegeln – zumindest im Industrial Design - in den letzten Jahren produziert wurde, ist zwar mengenmässig beeindruckend aber inhaltlich und formal mit ein paar Ausnahmen ziemlich öde. Ein paar Prints auf Oberflächen, ein paar Formvariationen, ein paar Zerreffekte. In der Kunst sieht das anders aus. In der Literatur, im Film auch.  Der Spiegel interessiert Gestalterinnen und Gestalter, kein Zweifel. Doch ist es eine gewisse Scheu davor, das magische Objekt in den Alltag zu transferieren, die sie davon abhält, zu experimentieren, Grenzen auszuloten? Die Möglichkeiten sind jedenfalls noch lange nicht ausgeschöpft. Deshalb ist auch die Ausstellung, die Klára Šumová zusammen mit dem Kollektiv Okolo für die Prague Design und Fahion Week kuratiert hat, keine öde Variation des Immergleichen, Schon-oft-Gesehenen, sondern überrascht, verblüfft und regt an. Auch die eingeladenen Schweizer Designer Tomas Kral, Beatrice Durandard, Adrien Rovero und Camille Blin legen alle Scheu vor dem Thema ab, experimentieren mit Winkeln, Materialien, Formen und Funktionen ohne dass sie darüber vergessen, in ihre Entwürfe auch Poesie und einen Hauch von Magie einzubringen.

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