Gestern Klimasünderin, heute Musterschülerin

Mehr Lebensqualität, ein weitgehend fossilfreier Betrieb und ein deutlich tieferer Energieverbrauch: Die Siedlung Telli in Aarau ist ein Vorzeigebeispiel in Sachen Gebäudesanierung.

Fotos: Christof Plümacher
In Zusammenarbeit mit der AXA

Mehr Lebensqualität, ein weitgehend fossilfreier Betrieb und ein deutlich tieferer Energieverbrauch: Die Siedlung Telli in Aarau ist ein Vorzeigebeispiel in Sachen Gebäudesanierung.

«Kann ich Ihnen helfen?», erkundigt sich ein Bewohner mit Hund, als er die Besucherin im gedeckten Zugangsbereich der frisch sanierten Wohnzeile Telli B wartend antrifft. Die Telli, eine anonyme Grossüberbauung? Wer mit dieser Vorstellung hierherkommt, wird eines Besseren belehrt. Die soziale Struktur in den vier gestuften Wohnzeilen, die zusammen 1258 Wohnungen fassen, erinnert eher an ein Dorf: Man grüsst und kennt sich, trifft sich vor dem Kindergarten und auf der Kegelbahn, im Restaurant Telli-Egge und auf dem Tennisplatz. Bis vor Kurzem betrieb die Telli-Siedlung auch einen Kleintierzoo. Der gelebten Dorfidylle zum Trotz hat die Telli, wie viele andere Grosswohnsiedlungen hierzulande, seit ihrem Bestehen mit Vorurteilen zu kämpfen. Angesichts ihrer Grösse und rationellen Architektur sind die Parallelen zu sozialen Brennpunkten an den Rändern grosser europäischer Städte schnell gezogen. Doch die Qualitäten der Telli liegen jenseits ihrer gebänderten Betonfassaden.

Erstens ist die Siedlung baulich ein Kosmos für sich und dennoch keine isolierte Satellitenstadt: Ihre Bewohnerinnen radeln in fünf Minuten zum Bahnhof Aarau oder spazieren in 20 Minuten in die Altstadt. Mit der Auenlandschaft an der Aare liegt ein Naherholungsgebiet vor der Haustür. Zweitens macht die Telli städtebaulich vieles richtig: Die bauliche Dichte ist mit einer Ausnützungsziffer von 1,0 hoch. Weil die Architekten Marti + Kast die bis zu 19-geschossigen Wohnzeilen versetzt zueinander anordneten, ihnen unterschiedliche Knickrichtungen gaben und ihre Hochpunkte gegeneinander verschoben, wirkt der durchgehend gestaltete Grünraum zwischen den Wohnzeilen erstaunlich weit.

 

Die Siedlung Telli – Situationsplan

 

Ein dichter Baumkranz trennt die Gebäude von der Tellistrasse, wo Einkaufs- und Gemeinschaftszentrum, Quartierrestaurant und Bushaltestelle liegen. Um zu Schule, Kindergarten und Spielplätzen zu gelangen, durchquert man die autofreie Parklandschaft. Bei Regen tummeln sich die Kinder auf den Spielgeräten und in den «Passerellen», wie die offenen Erdgeschosse hier heissen. Dank dieser Passerellen gelangen auch die älteren Bewohner trockenen Fusses zur Haustür. Die Einkaufswagen dürfen bis dorthin mitrollen, so steht es in der Vereinbarung mit dem Einkaufszentrum.

Eine dritte Qualität der Telli sind die Wohnungen. Sie sind zwar einfach ausgestattet und je nach Typ klein bis sehr klein – doch damit auch günstig. Und sie sind gut geschnitten: Die überwiegende Mehrheit hat zwischen dreieinhalb und fünfeinhalb Zimmern, wobei der kombinierte Wohn- und Essraum mit der offenen Küche sich gegen Westen, die Schlafzimmer sich gegen Osten richten. Die weniger zahlreichen Ein- bis Zweieinhalbzimmerwohnungen blicken nur auf eine Seite.

Knifflige Ausgangslage
Die Eigentümerin AXA war sich der baulichen und sozialen Qualitäten der Aarauer Siedlung bewusst, als sie 2015 beschloss, ihre beiden Wohnzeilen, Telli B und C, für weitere 40 Nutzungsjahre instand zu setzen. Auch war klar, dass die Sanierung der 581 Wohnungen eine Herausforderung werden würde. Die vorhandene Gasheizung in Kombination mit der energetisch schlechten Gebäudehülle war der grosse Knackpunkt. Nach den Standards der 1970er-Jahre erbaut, kannte die Ortbetonstruktur weder thermische Bauteiltrennungen noch Dämmungen, die ihren Namen verdienten. Das und der hohe Glasanteil führten zu einem massiven Heizenergieverbrauch.

 

Die Telli ist für Schweizer Verhältnisse gross, ihr Bausystem ist rigide. Die Wohnqualität in der Siedlung ist dank des klugen städtebaulichen Konzepts und der weitläufigen Parklandschaft dennoch hoch.

 

Allein die Ortbetonstruktur mit ihren über die Längsfassaden durchgehenden Balkonen energetisch zu ertüchtigen, wäre kompliziert genug gewesen. Hinzu kam, dass die Telli unter kommunalem Ensembleschutz steht. Es galt deshalb, das einheitliche Erscheinungsbild der gesamten Siedlung im Zuge der Sanierung zu bewahren. Allerdings lassen die Vorgaben zum Ensembleschutz Gestaltungsspielräume offen, «um Konflikte zwischen Gebrauchswert und Alterswert weniger rigide auszutragen», wie es Architekt Markus Peter ausdrückt. «Das interessierte mich.» Deshalb, und weil Sanierungen und Umbauten grosser Strukturen das Büro Meili, Peter & Partner seit vielen Jahren begleiten, sagte der Architekt gerne zu, eine Machbarkeitsstudie für die Sanierung der Telli zu erarbeiten. Die AXA reduzierte die Aufgabe angesichts der kniffligen Ausgangslage auf drei Anforderungen: Sie verlangte erstens ein Konzept für die energetische Sanierung der beiden Häuserzeilen, mit dem sich zweitens ein anerkanntes Schweizer Nachhaltigkeitszertifikat erreichen liesse. Drittens sollten die Arbeiten in bewohntem Zustand und mit Rücksicht auf die Bewohnerschaft erfolgen. Letzteres erschwerte das Vorhaben zwar erheblich, doch 581 Mietparteien auf einmal zu kündigen, hätte zum einen den Wohnungsmarkt in Aarau überfordert und zum anderen die sozialen Strukturen im Quartier zerstört – zumal nicht wenige seit Jahrzehnten in der Siedlung wohnten.

 

Die Hügellandschaft schafft geborgene Räume und optische Distanz zwischen den hohen Fassaden der Wohnzeilen.

 

Fünf Partner verstärkten das Architekturbüro in der Machbarkeitsstudie: Nänny + Partner für die Statik, EBP für die Haustechnik, HGK für den Brandschutz und Gartenmann Engineering für Bauphysik und Nachhaltigkeit. Drees & Sommer, mit denen Meili, Peter & Partner später als Generalplaner zusammenspannten, brachten ihre Expertise im Baumanagement und in der Bauleitung ein. Um die Bauzeit für die gut 1000-köpfige Bewohnerschaft erträglich zu gestalten, waren eine minutiöse Planung und reibungslose Bauabläufe unerlässlich.

Neue Balkone, dichtere Hülle
Die Machbarkeitsstudie führte zu zwei Grundsatzentscheiden: Zum einen war der Nachhaltigkeitsstandard SNBS 2.0 Favorit für die Zertifizierung. Die Telli verfügte mit ihrer verkehrsfreien Umgebung, ihren gemeinschaftlichen Erdgeschossnutzungen und ihrer Nähe zum ÖV und zu Dienstleistungsangeboten für den täglichen Bedarf über gute Voraussetzungen für das SNBS-Zertifikat. Doch das ausschlaggebende Argument für SNBS seien die Freiheiten beim Lüftungskonzept gewesen, sagt Attila Gygax von Gartenmann Engineering. Es stand fest, dass die Wohnungen nach der Sanierung aufgrund der dichteren Fassaden eine Grundbelüftung zum Abtransport der Feuchtigkeit benötigten. Im Rahmen von SNBS liess sich dies mit einem einfachen System aus Abluftabsaugung in den Nasszellen und Nachström-Öffnungen in den Fensterrahmen lösen. Auf Basis der ersten Berechnungen setzten sich Planerinnen und Bauherrschaft also das Zertifikat ‹SNBS Silber› als Mindestziel.

 

Wohnzeile Telli B, 2. Obergeschoss mit Bestand (schwarz) und neuen Bauteilen (pink).

 

Der zweite – und handfestere – Grundsatzentscheid war, die durchgehenden Balkone auf der Westseite in der äusseren Fassadenflucht abzutrennen und durch eine neue, thermisch getrennte Balkonschicht zu ersetzen. Das war mit überschaubarem Aufwand technisch machbar, da die Westbalkone bereits im Bestand durch einen zwei Zentimeter starken Isolationsstreifen von den Deckenstirnen getrennt waren. Auf der Ostseite hingegen gingen die Geschossdecken durch bis in den Aussenraum. Es wäre aufwendig und aufgrund der hohen Lärmbelastung unzumutbar gewesen, die massiven Betondecken entlang der Fassade durchzuschneiden.

 

Querschnitt

 

Das Team entschied deshalb, die weniger tiefen und zwischen den Treppenhaustürmen eingespannten Ostbalkone so zu belassen und an den Flanken zu dämmen. Zusammen mit neuen, besser gedämmten Fassadenelementen aus Holz und Dreifachverglasung sowie Dämmungen an den geschlossenen Stirnfassaden, an Untersichten und Dächern liesse sich damit der Heizwärmeverbrauch, so die Prognose, um 58 Prozent reduzieren. Der zeitgleiche Umstieg von Gasheizung auf Fernwärme aus einem lokalen Wärmeverbund würde die Treibhausgasbilanz im Betrieb zusätzlich verbessern.

Mehrwerte durch Mehrtiefe
Die über die gesamte Wohnungsbreite durchgehenden Balkone und die raumhohen Fenster seien eine besondere räumliche Qualität der Telli, so Architekt Markus Peter. «Und je dichter die Bebauung, desto wichtiger ist das Vorhandensein qualitativer Aussenräume.» Mit nur eineinhalb Metern Tiefe waren die Balkone allerdings nur eingeschränkt nutzbar. Die Architekten planten die neuen Balkone deshalb 90 Zentimeter tiefer als die alten. Damit würden diese genügend Platz für Pflanzen, Liegestühle und ein Essen mit Familie oder Gästen bieten.

 

Detailschnitt Westfassade

 

Die Mehrtiefe erwies sich aus einem weiteren Grund als hilfreich: Bei der ersten Sanierung der Telli im Jahr 2006 hatte die AXA Küchen und Bäder ersetzen lassen. Wollte man Geräte und Wandbeläge nicht schon wieder herausreissen, blieb der Zugang zu den Steigzonen versperrt. Statt vertikal nach oben führen die neuen Abluftleitungen der Nasszellen deshalb den Wohnungsdecken entlang bis zur Westfassade und verschwinden in den farbigen Eternit-Reduits auf den Balkonen. Zusammen mit den neuen Steigleitungen der Heizung füllen die Lüftungsrohre ein grosses Stück der allseits beliebten Stauräume. Der nutzbare Platz blieb jedoch fast unverändert – den zusätzlichen 90 Zentimetern Balkontiefe sei Dank.

Die alten und neuen Balkone unterscheiden sich abgesehen von der Grösse kaum, obwohl feine Anpassungen vorgenommen wurden. Die zusätzlichen zehn Zentimeter Brüstungshöhe verteilen sich auf den massiven unteren Teil, auf die verglaste Mitte und den hohen Aluminium-Handlauf.

 

Die neuen Balkone sind tiefer und damit besser nutzbar.

 

Letzterer besitzt auf der Innenseite ein zusätzliches Profil, auf dem Kräutertöpfe oder Trinkgläser Halt finden. Auch die für die Fassade charakterprägenden Lamellenstoren hängen wieder an ihrem Ort hinter den Betonstürzen. Um Beschädigungen aufgrund der teils starken Windexposition künftig zu vermeiden, werden sie über zentrale Windsensoren und eine hinterlegte Simulationsmatrix sektorenweise gesteuert.

Eine eindrückliche Klimabilanz
Im Sommer 2023 ist allmählich Gras über die drei Jahre Bauzeit gewachsen – wortwörtlich. Im wiederhergestellten Park spriessen neue Pflanzen, in der Telli ist Ruhe eingekehrt. Den meisten Besucherinnen fallen die etwas grösseren Balkone und die saubereren Fassaden der beiden mittleren Wohnzeilen vermutlich nicht einmal auf. Das aufgefrischte Farbkonzept in den Passerellen ist genauso zurückhaltend wie die neuen Deckenverkleidungen aus Holz. Nur hängen die Holzlamellen etwas tiefer als zuvor, dies, um Haustechnik und Dämmungen zu verbergen.

Was also hat der riesige Aufwand gebracht? Da wäre der beindruckend tiefere Heizenergieverbrauch. Die als Erstes sanierte Zeile Telli B hat bereits zwei Heizperioden hinter sich und verbrauchte im Schnitt 63 Prozent weniger Heizwärme als in den letzten Wintern vor der Sanierung. Das merken auch die Bewohner. Zwar hat die AXA einen Teil der wertvermehrenden Investitionen auf den Mietzins überwälzt, das Mietrecht lässt dies zu. Die zeitgleiche Senkung der Heiznebenkosten dämpft die Mieterhöhung jedoch deutlich. Im Gegenzug für die Mehrkosten ist die Lebensqualität in der Siedlung gestiegen. Dazu tragen die grösseren Balkone und die verbesserte Wärme- und Schalldämmung der Fassaden genauso bei wie die erneuerten Oberflächen im Bereich der Treppenhäuser, Eingangsbereiche und Tiefgaragen.

Weshalb sanieren?
2021 stiessen die Schweizer Haushalte 7,95 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente aus und waren für 30,3 Prozent des Endenergieverbrauchs verantwortlich. Fast 80 Prozent der Energie nutzten sie für Heizung und Warmwassererzeugung – eine Zahl, die das Potenzial von energetischen Sanierungen hinsichtlich Klimaschutz verdeutlicht. Nach der Telli-Sanierung ergaben Messungen des Heizwärmeverbrauchs eine Reduktion um 63 Prozent, die Treibhausgasemissionen sind gemäss Berechnungen um 82 Prozent gesunken. Zahlreiche Sanierungen von energetisch vergleichbaren Häusern stehen an. Die Telli setzt nun den Massstab dafür.

 

Energieverbräuche und Treibhausgasemissionen in der Schweiz

Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen der Telli-Häuser vor und nach der Sanierung.

 

Auch die AXA kann zufrieden sein. Es ist ihr gelungen, die Wohnhäuser in bewohntem Zustand für die nächsten 40 Jahre in Schwung zu bringen. Dass drei Viertel der Mietverträge bestehen geblieben sind, ist nebst dem klugen Sanierungskonzept der intensiven Kommunikation und engen Begleitung der Bewohnerschaft zu verdanken. Eine Errungenschaft ist die weitgehende Befreiung von fossiler Heizenergie – weitgehend, weil der Fernwärmeanbieter zur Spitzenlastabdeckung Gas benötigt. Nachhaltigkeitsspezialist Attila Gygax schätzt, dass die durch die Sanierung verursachten Treibhausgasemissionen bereits nach dreieinhalb Betriebsjahren amortisiert sein werden. Die SNBS-Zertifizierung steht zwar noch aus, doch Gygax ist zuversichtlich, dass es ‹SNBS Gold› wird.

Schade ist einzig, dass mit der Sanierung nur die Hälfte der baukulturell wertvollen Telli gerettet ist. Die Wohnzeilen A und D warten noch auf eine Ertüchtigung. Die Eigentumsverhältnisse in den beiden Zeilen sind zersplittert, was die Ausgangslage kompliziert macht. Doch immerhin: Von den soliden planerischen Grundlagen könnten sie nun profitieren.

 

Teile des Telliparks mussten für die Sanierung weichen. Gemäss Plan des Landschaftsarchitekturbüros sollen die alten und neuen Parkbereiche bald zu einer Einheit verwachsen.

 

Dieser Artikel stammt aus dem Themenheft «Mit Taktplan und Tellifon» von August 2023. Lesen Sie das ganze Heft kostenlos als E-Paper oder bestellen Sie ein Print-Exemplar in unserem Webshop.

 

Kommentare

Andreas Konrad 09.08.2023 16:36
Herr Huber, Sie haben Recht. Doch « Klima » scheint im linken Zürich kein Thema. Das Mythenschloss, die Grosssiedlung Winterthurerstrasse, an der Waffenplatzstrasse, in Zürich Affoltern: Überall werden Zürichs Perlen abgerissen, Mieter rausgeworfen, identitätsstiftende Bauten dem ruchlosen Profit geopfert. Dass es auch anders geht, zeigt der « Birkenhof » beim Schulhaus Milchbuck: Liebevoll und mit detailversessenem Strich wurde die Überbauung saniert. Ein Glücksfall ! Das Telli ist aber unrettbar verloren. Es ist eine Fehlplanung. Rückbau und Wiedergutmachung , « Was tun mit dem gebauten Kram? » schrieb Rudolf Schilling schon 1987. Das Telli und seine volketswiler Geschwister sind Paradebeispiele dafür. Lassen wir sie untergehen. Und was Besseres machen !
Hermann Huber 08.08.2023 16:58
Die Sanierung im bewohnten Zustand ist eine Pionierleistung. Andreas Konrad, das ist die alte Argumentation. Ich schreibe mal etwas locker: Keiner der aufgezählten Mängel braucht den Abbruch der Gebäude. Es braucht jedoch mehr finanzielle Mittel, z.B mindestens im Umfang der Abbruch- und Aufbaukosten des neuen Rohbaus, allenfalls öffentliche Beiträge, und es braucht mehr gesellschaftliche Partizipation. Ich frage mich, ob es den aus der Hochhausscheibe der Smithsons in London wegen Abriss herausgeworfenen Mietern wirklich besser geht. Nicht zu reden von den Klimazielen...
Andreas Konrad 07.08.2023 20:26
Entlarvend für den ganzen Bericht: Das rosa eingefärbte Flugbild, das wie ein schickes Vintage - Gipsmodell daherkommt. Ein schneller Besuch von privilegierten Archiekturstundenten, und schon wird auf Biegen und Brechen mit geradezu ideologisch - modernistischem Eifer das « Telli » schöngeredet, garniert mit ein wenig Klimagedöns. Fakt bleibt: Die « Tellis », die Greifensees und Volketswils sind und bleiben modernistische Verbrechen. Die Gründe sind zahlreich: Beim « Telli » ist die schiere Grösse weder kind- noch wohngerecht. Keine Läden, nach 7 Uhr Totenstille, hochkonjunktureller Lärm von überdimensionierten Erschliessungsschächten und Dünnwandigkeit, Verlegenheitsrasen, Abstandsgrün, Betonschächte, lieblose Monsterscheusslichkeiten. Schon die Ankunft in den dunklen Schächten, die grau in grau gehaltene Erschliessung, der immer präsente, schlecht ausgeführte Sichtbeton, dieser «dark brutalism» schlägt aufs Gemüt. Kein Anzeichen von Individualität oder Fröhlichkeit, alles ist auf kalte Effizienz und Entsorgung des unteren Mittelstandes getrimmt. Bis zum 4 Stock dringt kaum Licht in die düsteren Wohnungen, die tieferen Balkone sind Pflästerlis, die die Wohnzimmer jetzt im Winter noch mehr verschatten. Das seelenlos und mit kaltem Strich gezeichnete Konzept der Nachkriegsmoderne ist hier exemplarisch grandios gescheitert. Nur Wohnungsnot und horrende Mieten lassen die Bewohner auf den Mäulern sitzen. Denn auch sie würden viel lieber im schicken Blockrand mit verspielten Fassaden und fussgängernahen Läden und Cafés wohnen. Ihr mickriger Lohn erlaubt es ihnen nicht. In naher Zukunft gilt es, diese Monster zu ersetzen. Und zwar radikal. Weltweit sind die « Commieblocks » am Sterben : Das Écoquartier des Bergères in Paris zeigt einen möglichen Weg auf. Warum man in der Schweiz noch immer den menschenverachtenten modernistischen Müll des letzten Jahrhunderts hochredet, bleibt ein Rätsel.
Andreas Konrad 07.08.2023 20:25
Entlarvend für den ganzen Bericht: Das rosa eingefärbte Flugbild, das wie ein schickes Vintage - Gipsmodell daherkommt. Ein schneller Besuch von privilegierten Archiekturstundenten, und schon wird auf Biegen und Brechen mit geradezu ideologisch - modernistischem Eifer das « Telli » schöngeredet, garniert mit ein wenig Klimagedöns. Fakt bleibt: Die « Tellis », die Greifensees und Volketswils sind und bleiben modernistische Verbrechen. Die Gründe sind zahlreich: Beim « Telli » ist die schiere Grösse weder kind- noch wohngerecht. Keine Läden, nach 7 Uhr Totenstille, hochkonjunktureller Lärm von überdimensionierten Erschliessungsschächten und Dünnwandigkeit, Verlegenheitsrasen, Abstandsgrün, Betonschächte, lieblose Monsterscheusslichkeiten. Schon die Ankunft in den dunklen Schächten, die grau in grau gehaltene Erschliessung, der immer präsente, schlecht ausgeführte Sichtbeton, dieser «dark brutalism» schlägt aufs Gemüt. Kein Anzeichen von Individualität oder Fröhlichkeit, alles ist auf kalte Effizienz und Entsorgung des unteren Mittelstandes getrimmt. Bis zum 4 Stock dringt kaum Licht in die düsteren Wohnungen, die tieferen Balkone sind Pflästerlis, die die Wohnzimmer jetzt im Winter noch mehr verschatten. Das seelenlos und mit kaltem Strich gezeichnete Konzept der Nachkriegsmoderne ist hier exemplarisch grandios gescheitert. Nur Wohnungsnot und horrende Mieten lassen die Bewohner auf den Mäulern sitzen. Denn auch sie würden viel lieber im schicken Blockrand mit verspielten Fassaden und fussgängernahen Läden und Cafés wohnen. Ihr mickriger Lohn erlaubt es ihnen nicht. In naher Zukunft gilt es, diese Monster zu ersetzen. Und zwar radikal. Weltweit sind die « Commieblocks » am Sterben : Das Écoquartier des Bergères in Paris zeigt einen möglichen Weg auf. Warum man in der Schweiz noch immer den menschenverachtenten modernistischen Müll des letzten Jahrhunderts hochredet, bleibt ein Rätsel.
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