Gegen das alte Schulhaus, das sich im Fenster spiegelt, reckt der Neubau seinen Kopf empor. Fotos: Roman Keller

Fin de chantier: Halle mit Kopf

Sonnengelb verputzt steht das Schulhaus Bergli in Arbon auf dem Berg. Auf der anderen Seite einer schmalen Strasse hat die Schule kürzlich ein neues Gebäude bezogen: vier Schulzimmer, vier Gruppenräume, Aula, Turnhalle.

Sonnengelb verputzt steht das Schulhaus Bergli in Arbon auf dem Berg. Mit vier Geschossen und mächtigem Giebeldach versteckt sich das Haus der Bildung von 1906 nicht. Auf der anderen Seite einer schmalen Strasse hat die Schule kürzlich ein neues Gebäude bezogen: vier Schulzimmer, vier Gruppenräume, Aula, Turnhalle. Das Raumprogramm ist eine Schule in Miniatur. Welche Form gaben ihr die Architekten? Marius Hug und Michael Meier liessen sich nicht vom Mutterschulhaus inspirieren, sondern von den benachbarten Industriegebäuden, langgezogene Bauten mit eingeschossiger Produktionshalle und Kopfbau an der Strasse. Diese Typologie übernehmen die Architekten für ihren Neubau: Die Produktionshalle wird zur Turnhalle, Eingang, Treppe und Aula platzieren sie am Kopf.

Betongrau duckt sich das neue Haus im Morgennebel. Um fünfzig Zentimeter ist der strassen-seitige Gebäudeteil höher als der hintere, fast unmerklich hebt das Gebäude so seinen Kopf zum grossen Schulhaus. Die 3,20 Meter weite Auskragung über dem Eingang zeigt: Das ist keine Weberei, sondern ein öffentliches Haus. Streng symmetrisch ist es aufgebaut, Räume und Fenster sind zu beiden Seiten gleich. Der Weg durchs Haus hingegen bricht mit der Ordnung: Nach rechts versetzt tritt man ein, nach links führt die Treppe hinab in die Turnhalle — oder hinauf zur Aula. Schliesslich findet man sich im Mittelgang zwischen den Zimmern. Um die Turnhalle zu überspannen, bilden im Obergeschoss Boden und Dach mit den Wänden und Zugstäben eine Einheit. Zimmerwände aus Beton und 2,5 Zentimeter dicke Metallstangen erzählen von der Statik.

Die Turnhalle ist das Herzstück, versenkt in der Baugrube, die nach dem Abriss des Vorgängergebäudes entstand. Durch acht Fenster zu beiden Seiten blickt man hinauf in den Himmel. Die beiden geschlossenen Querwände hat die Künstlerin Katalin Deér mit Bildern bestückt: Auf der Höhe der Fenster sitzen Fotos von Sonne und Himmel, von Wolken und Stürmen sowie unförmige Stuck-marmorplatten mit chaotischen Farbgebilden. Auf der Baustelle wurden die Bilder an die Schalung montiert, mit der Armierung verbunden und mit Beton hintergossen: Kunst im Rohbau. Deérs Arbeit erfreut nicht nur das Auge, sie weitet den Horizont auch akustisch. Den Dreiklang der Pausenglocke hat sie durch Tonaufnahmen ersetzt, die sie am nahen Bodensee gemacht hat: Möwen schreien durch den Gang und es hornt ein Schiff. David Ganzoni, Fotos: Roman Keller

Säntishalle, 2011

Säntisstrasse, Thomas-Bornhauser-Strasse, Arbon TG

– Bauherrschaft: Primarschulgemeinde Arbon

– Architektur: Michael Meier und Marius Hug -Archi-tekten, Zürich; Gabriela Traxel (Projektleitung), 
Christoph Schmid

– Kunst: Katalin Deér, St. Gallen

– Auftragsart: Wettbewerb, 2008

– Kosten: CHF 8,7 Mio.

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