Loft mit Weitblick: Die Wohnung im Hochhaus «Bijou» in Lörrach hat eine bewegte Vergangenheit. Fotos: Ariel Huber

Ein Bijou mit bewegter Vergangenheit

Denn das Hochhaus «Hotel Bijou» in Lörrach wurde nie als Hotel genutzt. Nun haben Marlen und Dieter Righetti das leer stehende Restaurant als Wohnung für sich gekauft.

Grün würde der Schriftzug «Hotel Bijou» von der Marmorfassade des Hochhauses in Lörrach über die Grenze nach Basel leuchten — wenn er denn leuchten würde. Denn das Hochhaus wurde gar nie als Hotel genutzt, und bald nach seiner Fertigstellung begann 1972 eine launenhafte Geschichte. Über fünfzig Einraumwohnungen fanden im Haus Platz, die indes für viele Eigentümer mit der Zeit zu klein wurden. Unter den 
neuen Mietern waren viele Hartz-IV-Bezüger, denn die Wohnungsgrössen und die Hotelausstattung entsprachen ziemlich gut den Richtlinien des Sozialamts. Gerüchte sagen auch, dass in den vergangenen Jahren in der «Brasil Sunset-Bar» im obersten Geschoss angeschafft wurde, während die Apartments darunter als Zufluchtsort der Kundschaft dienten. Aber auch das war nur ein vorübergehender Teil der Story, denn Bar und Restaurant gingen Bankrott. Dieser bunte Bilderbogen des Innenlebens steht der monotonen, kleinteiligen Struktur des Hochhauses 
kapriziös gegenüber.


Nun haben Marlen und Dieter Righetti — er Architekt, sie Kunstsammlerin — das leer stehende Restaurant im zweitobersten Geschoss als Wohnung für sich gekauft. Als der Schutt draussen war, blieb ein architektonisch einmaliges Betonskelett übrig. «Wir haben keine Änderungen an der Tragstruktur vorgenommen, sondern nur einige Möbel entworfen, diese strukturieren den Raum», erläutern die Architekten Reto Pedrocchi und Martina Kausch ihr Projekt. Dieser Ansatz erinnert an Arte Povera; der Raum und seine Struktur sind der Luxus. Unter den massiven Betonrippen des Hochhauses hinterlassen die flankierend eingebauten Schränke mit ihren raumteilenden Schiebetüren einen leichten Eindruck, und zuweilen zerfliesst die Grenze zwischen architektonischen Einbauten und den angesammelten Möbeln der Nutzer. Dieter Righetti ist eine der Hauptfiguren im Büro Diener und Diener. Für ihn war das Hochhaus «Bijou» immer eine Landmarke. Sein Weg in dieses Haus war aber keinesfalls geradlinig: «Wir sind aus der Basler Innenstadt innert einiger Jahre erst über den Umweg des Mehr- und Einfamilienhauses mit Pool hierhergezogen.» Jetzt bestaunen alle die Freiheit und Wohnqualität des lichtdurchfluteten Lofts mit ungestörtem Blick in alle vier Himmelsrichtungen über die Stadt.

Wohnungsausbau «Loft Bijou», 2012


Basler Strasse 7e (14. OG), Lörrach, D

– Bauherrschaft: Marlen und Dieter Righetti, Lörrach

– Architektur: Pedrocchi Architekten, Basel

– Projektleitung: Martina Kausch

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Kommentare

Gabriela Kleine  18.07.2022 16:21
Ich stelle fest, diese Berichterstattung ist tatsächlich polarisierend und Diskriminierung zwischen den Zeilen. Ich interessiere mich für Wohnung, klein und gemütlich dort im Haus mit Aussicht auf das Tal und Zentral...Es tut mir leid, wenn das Restaurant so schlecht beurteilt wird. Ich habe ehr Angst vor Müll und gallopierenden Nebenkosten, weil Eigenverantwortung und Vermieter nicht kümmern....
Leonhard Ströber 25.11.2015 20:50
Ich bin der ehemalige Inhaber des Restaurant und Bar Brasil Sunset. Ich möchte Sie bitten Ihre Angaben, daß dort vermutlich "angeschafft" wurde , also Prostitution betrieben wurde, schnellstens zu entfernen. Dies war nämlich nicht der Fall. Daß viele der Einzimmerappartements von Hartz4 Empfängern bewohnt werden, mag stimmen, viele sind aber auch gepflegt und gefallen Ihren Inhabern wegen der großen Fensterflächen und der schönen Aussicht ins Wiesental nach Basel. Insofern bitte ich auch hier um etwas repektvollere Berichterstattung. Daß die neuen Besitzer und Ihr Architekt das ehemalige Restaurant nun entkernt als "Arte povera" reizvoll findet, nun über Geschmack kann man streiten, über Geschmacklosigkeit auch. Mein Restaurant Brasil war auch als großer offener Raum konzipiert, mit echtem hellen Holzparkett, tokanischen bunten Fliesen und kolonial inspirierten Lamellenholztüren und Deckenventilatoren für modernen und gemütlichen leichten brasilianischen Stil der Lebensfreude. Viele tausend Gäste hatten Freude daran. Daß es geschlossen wurde, lag an familiären Differenzen mit meinen Geschwistern und wenig Verständnis an globaler Mulitikulturalität. Ich finde es immer noch schade. Vielen Dank.
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