Der Feldstecher sucht nach Visionärem für die Stadt Zürich

Ab zum Arzt! – Braucht Zürich visionäre Projekte?

Eine Veranstaltung im dicht gefüllten Lichthof des frisch renovierten Stadthauses ging der Frage nach: «Braucht Zürich visionäre Projekte?» Weder die gefundenen Antworten, noch die eingeladenen Podiumsgäste vermochten zu überraschen.

Ich gehe jede Wette ein: Der ausgefallene Apero war von vornherein geplant. Zu gut die Pointe der Begleitveranstaltung zur Ausstellung «Verwegen, verworfen, verpasst». Eine Veranstaltung die, im dicht gefüllten Lichthof des frisch renovierten Stadthauses, der Frage nachging: «Braucht Zürich visionäre Projekte?» Überraschung brachten dann weder die gefundenen Antworten, noch die eingeladenen Podiumsgäste: eine blass moderierende Brigit Wehrli-Schindler (als Direktorin Stadtentwicklung Zürich die Gastgeberin), der Marketing-Haudrauf Thomas Sevcik, der für Wachstum plädierte (hat ein Wachstum das nötig?), Architekt Marcel Meili, der erst nicht kommen wollte, weil er mit dem Begriff «visionär» hadert, und Stadthistoriker Angelus Eisinger, der eben jenen Begriff mit «zukunftsfähig» übersetzt – Vision für einmal nicht als «Leuchtturm», sondern als nachhaltige Vorausschau? Ach ja, dann war da noch Esther Girsberger, von der man sich fragte, was die TV-Dame dort vorne zu suchen hat. An Zürich schätze sie die Lebensqualität. Danke!

Was blieb hängen? Einige Aussagen Meilis: 1. Eine Vision müsse nicht ihre Realisierung im Kopf haben um zu wirken. 2. Sie habe den Denk- oder Handlungsraum zu weiten und sei 3. nicht mit Phantasie gleichzusetzen, sondern eine «sanfte Gewaltanwendung an der Wirklichkeit. Bis zur Schmerzgrenze.» Einzig zwei «stille aber visionäre» Projekte macht der Architekt in Zürich aus: die S-Bahn und den Wohnungsbau. Basler Mäzene gegen Zürcher Schienen. Angelus Eisinger gab uns den schönen Satz mit auf den Weg: «Zukunft ist mehr als eine Perfektionierung der Gegenwart.»

Der nicht allzuneue Tenor der Diskussion: Unser Schicksal entscheidet sich in den Vorstädten. Das Denken innerhalb der Stadtgrenzen müsse aufgelöst werden, die Agglo endlich als Stadt verstanden werden. Dort müssten die «Leuchttürme» hin. «Baut das Kongresshaus in Oetwil an der Limmat!» forderte Thomas Sevcik exemplarisch. Mit dem von ihm benannten Problem, jede Gemeinde wolle alles sein, war man beim ewigen Thema Föderalismus angelangt. Oder wie es Meili nannte, der «zellulären Selbstbefindlichkeit der Schweizer». Ihre Auflösung, ein «Dekadenauftrag». Mindestens.

P.S.: Die Titelgeschichte des nächste Woche erscheinenden Hochparterre 1-2/2011 widmet sich diesem Auftrag. Ein Haufen Zürcher Architekten plant im Glattal ein Doppel-Zürich. An einem Städtebaustammtisch präsentieren sie ihr Projekt und diskutieren mit Gästen aus Planung und Politik und dem Publikum. Am 31. Januar, ganz oben im Hochhaus des Glattzentrums.

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