Aufnahmen für das Raumklangprojekt «3D Audio». Der «Mikrofonbaum» ist eine Spezialkonstruktion, der mit 20 Mikrofonen bestückt das Spiel des Tonhalle Orchesters einfängt.

Der Ton als Ausgangspunkt

Am «Institute for Computer Music and Sound Technology» der ZHdK wird der Zusammenhang von Musik und moderner Technik erforscht. Dabei liefern die Klangforscher Inputs für Kunst, Architektur oder Design.

Das «Institute for Computer Music and Sound Technology» (ICST) ist eine Forschungsinstitution an der Schnittstelle von Kunst und Technologie. Hier wird vorrangig mit Musik und Klang unter dem Einsatz moderner Technik experimentiert. Das Wissen rund um den Ton wird für die Produktion von Softwarelösungen, zur Entwicklung von Aufnahme- und Wiedergabetechniken oder zur Begleitung künstlerischer Projekte eingesetzt. Gerade für die visuellen Künste, Design und mitunter auch Architektur sind diejenigen Projekte des ICST interessant, die digitale Klanginformation erzeugen, wiedergeben, auswerten oder speichern. Diese Datensätze dienen als möglicher Ausgangspunkt zur Steuerung von «unmusikalischen» Darstellungsformen, wie computerbasierten Visualisierungen, Lichtinstallationen oder Videos. Zwei spannende Projekte für visuelle Darstellungsformen sind die mit Sensoren ausgestattete Bassklarinette und «3D-Audio».

Die sensoren-erweiterte Bassklarinette
Forschungsprojekte im Bereich «Augmented Instruments/Musical Gesture» erfassen und analysieren Bewegungen, die bei der Interaktion von Mensch und Musikgerät entstehen. Dabei entstehen neue Schnittstellen (Interfaces) oder bestehende Instrumente werden erweitert. So entwickelt das ICST die mit Sensoren ausgestattete Bassklarinette «SABRe». Beim Spielen zeichnen die Sensoren via Computer den Zustand der Klappen (auf/zu) sowie Geschwindigkeit, Winkel und Intensität der Bewegungen auf, die der Musiker mit dem Instrument erzeugt. Die Bewegungsinformation wird parallel zur Musik in Echtzeit aufgezeichnet und kann auch live – zum Beispiel zur technischen oder künstlerischen Audiovisualisierung – eingesetzt werden. Ziel der Forscher ist eine vertiefte Analyse der Interaktion von Mensch und den technischen Mitteln der Musikproduktion. Bisher wurde die Technologie akustisch und visuell vor allem in Live-Konzerten verwendet, bei denen Klangtransformationen und Visualisierungen durch die Bewegungsinformationen gesteuert werden. Je präziser die gespeicherte Toninformation, desto vielfältiger lassen sich damit akustische, haptische und optische Geräte steuern.

Klangräume erleben

David Bollinger und Lars Dölle sind als Tonmeister am Projekt «3D-Audio» beteiligt. Während beim Film die dritte Dimension schon länger Einzug gehalten hat (3D-Brillen), sind vergleichbare Ansätze in der Tontechnik noch nicht weit fortgeschritten. Die beiden Forscher testen Modellaufnahmen mit neun Lautsprechern. «Wir wollen mit diesen Aufnahmen unser System herausfordern, deshalb haben wir bewusst komplexere Bühnensituationen gewählt, bei denen die Musiker – oder die Schauspieler – im Raum angeordnet sind», sagt Dölle. Bei den Aufnahmen und auch bei der Wiedergabe ist Pioniergeist gefragt. Zum Beispiel für die aktuelle Aufnahme: Eine Spezialkonstruktion mit zwanzig Mikrofonen fängt die Aufführung des Tonhalleorchesters Zürich ein. Die Tonspuren werden am Computer so zusammengemischt, dass die Aufnahme möglichst identisch klingt wie am Ort ihrer Entstehung. Das Ziel von «3D Audio» ist es, räumliche Klangereignisse in bestmöglicher Qualität erlebbar zu machen. Der Raumklang bietet spannende Perspektiven an der Schnittstelle von Sounddesign und visueller Gestaltung: bei 3D-Kino und Fernsehen, in Video-Games und bei der Herstellung von audiovisuellen Umgebungen. Wie meist bei Technologie, die noch im Entstehen begriffen ist, sind die zukünftigen Einsatzmöglichkeiten noch nicht vollständig absehbar und laden deshalb zum Experimentieren ein.

Neue Unterrichtskonzepte entstehen
Einen wichtigen Beitrag leistet das Institut auch zur Ausbildung an der ZHdK: Auf dem Stand aktueller Forschung entstehen Unterrichtskonzepte und Kurse für Tonmeister und Musikschaffende, speziell im Fach elektroakustische Komposition. Nicht zuletzt sollen die Studierenden im Rahmen des Unterrichts auch Einblick in die Welt der Forschung erhalten und dazu motiviert werden, sich zukünftig daran zu beteiligen.

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