Gestaltung klammert meist die finale Lebensphase aus. Die Designforscherin Bitten Stetter untersucht, warum das so ist – und wie es sich ändern lässt.
Das letzte Hemd neu denken
Gestaltung klammert meist die finale Lebensphase aus. Die Designforscherin Bitten Stetter untersucht, warum das so ist – und wie es sich ändern lässt.
Fotos: Mina Monsef
Als Bitten Stetter vor fünf Jahren ihre Mutter in einem Hospiz beim Sterben begleitete, realisierte sie, dass die Gestaltung am Ende des Lebens kaum eine Rolle spielt. «Nicht nur als Designerin, auch als betroffene Angehörige konnte ich es kaum fassen, wie wenige funktionale, schöne und sinnstiftende Dinge es beim Lebensende gibt. Dabei wird dieses greifbarer und weniger beängstigend, wenn wir es bewusst gestalten», sagt die Modedesignerin.
Stetter beschäftigt sich seit dem Tod der Mutter mit der materiellen Kultur am Lebensende, derzeit schreibt sie ihre designanthropologische Dissertation ‹Sterbedinge›. Am Stadtspital Waid in Zürich absolvierte sie Hospitanzen und Kurse in der palliativen Pflege, seit 2018 ist sie regelmässig als Feldforscherin dort. Daneben leitet sie an der Zürcher Hochschule der Künste die Forschung zu ‹Trends & Identity› und in dieser Fachrichtung den Masterlehrgang. Parallel dazu ist sie beim Forschungsprojekt ‹Sterbedinge› involviert. Die Kooperation zwischen der Berner Fachhochschule (Hochschule der Künste Bern und Departement Gesundheit) und der Zürcher Hochschule der Künste startete letztes Jahr. Dabei untersuchen neun Forschende mit Expertisen aus Pflegeforschung, Designforschung, Kulturwissenschaft oder Religionssoziologie die letzte Lebensphase von unheilbar Kranken. Im März brachte eine Online-Tagung erstmals die unterschiedlichen Perspektiven zusammen.
Der Grund für die gestalterische Vernachlässigung des Sterbens sei historisch bedingt, sagt Stetter. «Wir haben es ausgelagert – vom eigenen Haus in die Spitäler.» Schnabeltasssen, einst fixer Teil von Porzellanserien für die Betreuung Kranker zu Hause, beweisen dies eindrücklich. Heute findet man sie nur noch im Pflegefachhandel. Natürlich, betont die 48-Jährige, sei es unmöglich zu verlangen, dass alle Spitäler bunt und fröhlich seien. Die Sensibilität für ...
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