«Wir können uns Wachstum nicht mehr leisten»

Vittorio Magnago Lampugnani fordert seit Langem bauliche Verdichtung und Langlebigkeit. Nun spricht er sich auch gegen Abriss und Neubau aus. Ein Gespräch über ‹Wegwerfarchitektur› und die Folgen.

Fotos: Tom Huber

Vittorio Magnago Lampugnani fordert seit Langem bauliche Verdichtung und Langlebigkeit. Nun spricht er sich auch gegen Abriss und Neubau aus. Ein Gespräch über ‹Wegwerfarchitektur› und die Folgen.

‹Die Provokation des Alltäglichen› hiess das Pamphlet, das Vittorio Magnago Lampugnani 1993 im Magazin ‹Der Spiegel› veröffentlichte. Zornig teilte er dort aus: gegen die «oberflächlichen Sensationen» der zeitgenössischen Architektur, gegen «miserable Grundrisse» und «plumpe Details». Stattdessen forderte er eine «neue Einfachheit». Man solle zurück zu Konvention und «tradierter Gediegenheit», die es seit 1945 nicht mehr gebe. Eine brisante Aussage für den Direktor des Deutschen Architekturmuseums, der er damals war. Sein Aufsatz löste das aus, was als ‹Berliner Architekturdebatte› in die Annalen eingehen sollte. In seinem Essayband ‹Die Modernität des Dauerhaften› vertiefte Lampugnani 1995 seine Forderungen. Diese Forderungen waren pointiert. Explosiv machte sie erst die Kopplung mit der Praxis. Nach dem Fall der Mauer plante man in Berlin die neue alte Hauptstadt. Es ging um Deutungshoheit und um Aufträge. Autoritär setzte der Senatsbaudirektor Hans Stimmann die ‹Kritische Rekonstruktion› der wiedervereinigten Stadt durch. Lager bildeten sich. Entweder war man für diese offizielle architektonische Haltung oder dagegen. Lampugnani war dafür. Er baute selber mit am ‹Steinernen Berlin›, weshalb Kritiker seine allgemeinen Thesen mit der dortigen Planungspolitik verknüpften. Das Magazin ‹Arch+› war dagegen und titelte: ‹Von Berlin nach Neuteutonia›. Die ‹Architekturdebatte› war ein polemisches Hin und Her, vor allem in der Tagespresse. Und Vittorio Magnago Lampugnani ging als Professor für Geschichte des Städtebaus an die ETH nach Zürich. Heute, 30 Jahre nach der ‹Provokation›, hat Lampugnani ein neues Pamphlet veröffentlicht. In ‹Gegen Wegwerfarchitektur› schlägt der mittlerweile emeritierte, publizistisch aber umso aktivere Professor überraschende Töne an. Er nimmt den Faden seiner früheren Essays auf, aber die V...

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