Das Bauhüttenprinzip

Re-Use ohne Re-Use-Ästhetik: Die Hausarchitekten von Stiftung Sitterwerk und Kunstgiesserei St. Gallen, Flury und Furrer, haben ein Atelier für den Künstler Jim Dine gebaut.

Fotos: Katalin Deér

Re-Use ohne Re-Use-Ästhetik: Die Hausarchitekten von Stiftung Sitterwerk und Kunstgiesserei St. Gallen, Flury und Furrer, haben ein Atelier für den Künstler Jim Dine gebaut.

Im Sittertal hängt alles mit allem zusammen, und manchmal verlieren selbst die unmittelbar Beteiligten den Überblick. Die Architekten Christoph Flury und Lukas Furrer zum Beispiel geraten plötzlich ins Grübeln, wenn man sie nach der Bauherrschaft der eben fertiggestellten Atelierhalle für Jim Dine fragt. Ist es die Kunstgiesserei St. Gallen? Oder vielleicht doch die Stiftung Sitterwerk? Nein, die Kunstgiesserei. Jedenfalls ist es nicht Jim Dine selbst. Der weltbekannte amerikanische Künstler wohnt und arbeitet zwar in dem nach ihm benannten Atelier, aber nicht als Besitzer, sondern als Gast, der mitinvestiert hat und nun eine regelmässige Miete zahlt. Wobei Gast in diesem Fall auch Auftraggeber bedeutet. In den Hallen der Kunstgiesserei St. Gallen, nur wenige Schritte von seinem Atelier entfernt, sind die jüngsten Werke des 88-Jährigen entstanden: Bronzegüsse von Baumstümpfen, dreidimensionale Assemblagen aus Werkzeug, eine Gruppe monumentaler Gipsköpfe, mittendrin auch ein freundliches Herz, ein wiederkehrendes Motiv in Jim Dines ausgreifendem Œuvre. ###Media_7### Silbern glänzende Nüchternheit Das Atelier, im Herbst 2023 fertiggestellt, ist auf den ersten Blick ein nüchterner Bau. Seine Umrisse und Proportionen erinnern an eine kleine Industriehalle, was insofern kein Zufall ist, als es sich bei der tragenden Stahlkonstruktion um einen wiederverwendeten Skelettbau für einen Industriekran aus Rotterdam handelt. Die Tragstruktur gibt die rechtwinklige Grundfläche und die Aufteilung der Längsfassade in vier Felder vor. Das Sheddach, das die industriellen Konnotationen noch verstärkt, ist allerdings eine Zutat der Architekten. Auf das vorgegebene Skelett aufgesetzt, versorgt es den grossen Innenraum mit dem für die künstlerische Arbeit optimalen Nordlicht. Ohnehin steht die Arbeit im Vordergrund: Das Atelier ist nicht viel mehr als eine Halle, gross, hell und prakt...

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