«Asthaufen sind nur Pflästerli»
An der Vernissage des Themenfokus «Her mit der Vielfalt» waren sich alle einig: Biodiversität ist auch ein Gestaltungsthema, aber eines das neue Bilder braucht.
Biodiversität ist auch ein Gestaltungsthema. Das ist der Ausgangspunkt des Themenfokus «Her mit der Vielfalt», den Hochparterre kürzlich zusammen mit dem BSLA herausgegeben hat. Wenig überraschend sassen unter den rund 50 Gästen der Vernissage vom 27. August keine Gegner der Biodiversitätsinitiative und auch auf dem Podium war man sich – zumindest politisch – einig. Die Veranstaltung im Kulturpark Zürich verstand sich eher als inoffizieller Teil der Abstimmungskampagne der Biodiversitätsinitiative. Es ging darum, Multiplikatoren zu generieren: Landschaftsarchitektinnen und Architekten, die ihre Bauherrinnen, Behördengegenüber oder Planer, mit denen sie zusammenarbeiten, überzeugen und ihnen mit dem Themenfokus gute Argumente liefern, am 22. September ein Ja in die Urne zu legen.
In ihrer Einführung entkräftete Hochparterre-Redaktorin Rahel Marti erst einmal klar und einfach einige Argumente der Gegner: Etwa, dass die Annahme der Initiative die Wohnungsnot verschärfen würde. Streng geschützt seien nur die ISOS-A-Gebiete, die 11 Prozent der Zürcher Stadtfläche ausmachen und nicht 75 Prozent, wie es manchmal verdreht werde. Auch in den A-Gebieten seien Veränderungen möglich, so lange die Kernidentität erhalten bleibe. Oder dass bei Annahme die Ernährungssicherheit bedroht wäre. Das sei unter anderem eine Schutzbehauptung aus Landwirtschaftskreisen, so Marti, denn bis anhin leiste die konventionelle Landwirtschaft ja keinen Beitrag an die Biodiversität. 60 Prozent der Ackerflächen werden heute für Tierfutterproduktion verwendet. Würden wir weniger Fleisch essen und Milch trinken, wären genug Flächen für Biodiversität da.
Auf dem Podium, wo Friederike Meinhardt, Co-Präsidentin BSLA, Daniel Baur von Bryum und Jasmin Joshi, Leiterin Institut für Landschaft und Freiraum an der OST, unter der Leitung von Maarit Stöbele, Hochparterre-Redaktorin Landschaft, diskutierten, bestätigte man sich mehr oder weniger gegenseitig. Daniel Baur setzte ab und zu einen Stachel ins Fleisch, etwa indem der Landschaftsarchitekt selbstkritisch klarstellte, dass Biodiversität im Planungsalltag der Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten noch lange nicht angekommen sei (und noch viel weniger in dem der Architekten). Er forderte von seinen Kolleginnen und Kollegen, neue Bilder von biodiversen Landschaften zu entwickeln und diese besser zu kommunizieren. Jasmin Joshi unterstützte Baur, indem die Professorin bestätigte, dass es bei der Biodiversität und an ihrer Schule nicht um Stein- oder Holzhaufen gehe – das seien «Plfästerli» –, sondern um den Landschafts- und Vernetzungsblick, den sie versuche, an ihrer Schule zu lehren. Standesvertreterin Friederike Meinhardt ermahnte ihre Kolleginnen und Kollegen, Biodiversität zum selbstverständlichen Teil ihrer Projekte zu machen und auf die gebaute Stadt zu fokussieren. Eine Stadt, die vom Freiraum her geplant würde, sie eine bessere Stadt, so Meinhardt. Im Siedlungsgebiet seien allerdings die Pflege und der Ordnungswunsch ihr grösster Feind, denn immer wieder würden Biodiversitätsmassnahmen einfach «weggeputzt», stellte sie fest.